Mein Mami und ich, wir sitzen hier auf einem Bänkli am Waldrand oberhalb der St.Verenakapelle in Zug. Wir bestaunen und bewundern die wunderschöne Aussicht über Wiesen, See und Berge. Unvorstellbar, dass gleich unmittelbar hinter der Hügelkuppe die bonzigen Häuser des Rötel-/ und Weinbergquartiers um Aussicht buhlen und somit die Stadt beginnt. Unten in den Einkaufstempeln springen sie wieder «endlich befreit» maskenlos um die Kleiderstangen, und freuen sich, «wieder ein Stück Normalität zurück gewonnen zu haben». Manche mit mulmigem Gefühl, manche behalten die Maske weiterhin an. Andere wiederum gedankenlos oder gar fahrlässig, halt jeder wie’s ihm richtig erscheint.

Von diesem Wechselbad und Gewimmel bekommen wir hier über der Stadt nix mit. Hier oben scheint noch alles intakt, keine Umfahrungsstrasse, kein fragwürdiges architektonisches Bauwerk oder gar störende Hochspannungsleitungen versperren uns die Aussicht. Kein Gedränge, schräges Angucken, oder unangenehme Begegnungen, das tut uns beiden so gut. Und hier tanken wir e bitz die Kraft, welche wir momentan grad echt nötig haben.

Es ist Mitte Februar und wir lassen uns von der scheinenden Sonne bitz aufwärmen. Sie erlaubt uns sogar eine Rast bei angenehmen Temperaturen am Waldrand auf besagtem Bänkli zu nehmen und wir lassen unsere Blicke über die grünen Auen und dem schönen Wolkenspiel gleiten. Der Zugersee liegt ruhig und faszinierend unten im Tal.

Wieso werden wir nur von der beruhigenden Fläche des Sees fast schon magisch angezogen? Wieso gehen wir so gerne am See spazieren? Oder gucken auf die windgekräuselte Oberfläche, könnten stundenlang die wechselnden Farben des Sees studieren?

Diese Fragen kann ich nicht beantworten, eventuell hast du eine These, welche du mir mitteilen möchtest?

Wir blicken ennet dem See zu «unserem» Hochhaus, winken kräftig und bekommen auch wacker zurückgewinkt. Und auch am weiter hinten sich erhebenden Lindenberg, wo ich meine schöne Kindheit verbringen durfte, können wir den Weiler ausfindig machen welcher unser damaliges Zuhause war.

Was uns Menschen an der Aussicht so fasziniert, weshalb wir alle auf Guugelmaps unser Dehei suchen und erfreut «da ist es» rufen, wenn wir es gefunden haben ist ein weiteres Kuriosum, zu welchem ich durchaus stehen kann.

Aber ist doch so? Gäll, hab dich auch verwütscht, das machst du genau auch, smile… Das ist doch eine sehr spezielle Eigenschaft, sinnbefreit und doch weitverbreitet.

Wir können von unserem Balkon dehei oder sogar vom schönen Schlafzimmer aus eine atemberaubende Aussicht geniessen. Jeder der schon mal bei uns Zuhause auf Besuch war, kann dies bezeugen.

Der Blick zu der Stadt Zug am Abend ist amigs ein glitzerndes Lichtermeer, am Morgen die gleissend im Sonnenschein erhellten Berggipfel vom Säntis bis zu Eiger/Mönch und Jungfrau eifach wunderbar…

Das Privileg geniessen wir zwei recht ausgiebig, und es fasziniert zu jeder Tages-/ Jahreszeit und jeder Wetterlage. Wir sind würkli dankbar, so was Spezielles so nah und so oft geniessen zu können.

So sitzen und plaudern wir zwei immer noch auf dem Bänkli oberhalb Zug, geniessen die Wärme, die Vertrautheit, das Wetterspiel. Beobachten keuchende Velofahrer, die ohni Motöörli die kurvenreiche, steile Strasse hinauf erhecheln, oder dem Bauwagen, der sicher vom nahegelegenen Restaurant und nicht von einer Baustelle gegen Zug hinunterbraust.

Es tut uns beiden gut, hier zu sitzen. Und ein ganz persönliches Gespräch miteinander zu führen.

Wir haben beide grade chli z’gnage mit der aktuellen Situation, ein Wechselbad der Gefühle lässt uns immer wieder abtauchen und wir kämpfen um Luft, um aus diesem Tal wieder rauszukommen.

Mich begleitet durch diese Zeit ein Spruch, welcher für mich stimmt und für mich in meiner Situation jetzt zutrifft:

Mein Verstand sagt: Es ist gut so!

Doch mein Herz sagt: Aber es tut so weh!

Ich brauche eine Auszeit. Und wenn’s nur dieses Bänkli ist. Und einfach mal nur dasitzen, ohne viel zu sprechen.

Die Umgebung wahrzunehmen. Das unsichtbare Band zwischen uns beiden zu spüren und zu stärken.

Sich auszuheulen ohne zu weinen.

Füreinander da zu sein.

Der kurze Ausflug mit dieser paradiesischen Sicht hat mich extrem gestärkt, und hilft meinem Herzen langsam zu akzeptieren, zu regenerieren.

Und zu der Einsicht, sich vermehrt vorallem mit Menschen zu umgeben, welche nicht nur meine Energie saugen, sondern die Energie mir auch retourgeben können.

Ich freue mich auf die erwachende Natur, der Normalisierung im Umgang mit der Pandemie, und vielen schönen Gesprächen mit lieben Menschen.

Die Verletzungen des Herzens werden bleiben und sicher kommt noch die einte oder andere Narbe dazu.

Und sicher werde ich noch einige Tränen vergiessen.

Jede Träne ist eine Liebeserklärung.

Ist ein weiterer Spruch, welcher mich sehr berührt.

Genug dieser Sprüche.

Der von mir bemalte Stein zum Gedenken ist an einem würkli schönen Ort im See mit Blick zur Stadt, zum Zugerberg, zum Wildspitz. Die Natur wird die löslichen Inschriften naadisnaa mit der Zeit verblassen lassen.

Das stimmt für mich so.

Ich bin dankbar für die kleinen schönen Momente, wertvoller wie alles Geld auf der Welt. Von solchen Begebenheiten wie die gemeinsame Zeit auf dem Bänkli kann ich noch lange zehren, da braucht es keine monetären Werte.

Nur die richtige Erkenntnis, es auch wirklich schätzen zu können.

Kategorien: Persönliches

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar placeholder

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert