Was für ein Einstieg!

Ich möcht‘ hier von einem Schmuckstück berichten, was uns drei (vier?) letztens völlig glücklich und zufrieden verlassen lies, und uns sicher noch lange gut in Erinnerung bleiben wird.

Muss dazu chli ausholen, damit du die Zusammenhänge auch sehen kannst, denn das blutte Ereignis wäre niemals so tief befriedigend, wäre da nicht ein schönes Drumherum.

Als Schauplatz dient heute die Stadt Zug. Die Stadt, welche sich regelmässig als Steuerparadies und Briefkastendomizil zu erkennen gibt. Die Stadt, welche sich rühmt, ein Wohlfühlort für Expats zu sein, und man die Sprache englisch und russisch mehr hört, als einem eigentlich lieb wäre. Ein kleines, beschauliches Städtchen, mit einem mächtigen weltumspannenden Netz an Handelsfirmen. Der globale Kaffeehandel läuft von hier aus, und über Rohstoffhändlern mit Sitz in der Kantonshauptstadt beschäftigen sich Umweltorganisationen weltweit immer wieder gerne.

Dass sich eine Familie das teure Pflaster Zug nüm leisten könne, und drum in die umliegenden Kantone ziehen muss.

Es hier nur noch Oligarchen und reiche Leute gäbe, welche mit ihrem Porsche Cayenne ihre Kinder vor der Schultüre abladen und abholen.

Vieles ist wahr, vieles aber wird einfach aus Neid hierhin projeziert.

Klar, locken die tiefen Steuersätze Firmen mit weltumspannenden Niederlassungen hierhin.

Und ja, der Bodenpreis für Immobilien kann sich ein arbeitender Vater ohne kräftige Finanzspritze (aus Erbschaft oder Kredit) nicht leisten. Ein Eigenheim ist hier wahrer Luxus.

Aber wenn ich mal als Beispiel von meiner Wohngemeinde ausgehe, und schreibe, dass von den knapp 9000 Einwohnern über 10% Kinder sind, welche in 6 (!) verschiedene Schulhäuser gehen können, da fragt man sich aber schon, wenn es heisst, eine Familie könne sich Zug nicht leisten…

Dass man hier von einem ausgezeichnet ausgebautem öffentlichen Verkehr profitieren kann, welcher einem in später Stunde noch im Halbstundentakt in alle Himmelsrichtungen transportiert. Ist ja überhaupt nicht sälpferständli. Finde ich.

Auch ich bin in dieser schönen, am See gelegenen Stadt auf die Welt gekommen, und meine Grosseltern bewohnten ein Haus in der Altstadt neben der St.Oswaldskirche. Für mich ist Zug immer was besonderes gewesen. Ich habe immer etwas hinter die Fassaden gucken können, für mich ist Zug mehr wie ein Steuerparadies.

Klar hab’ ich amix bei der Grossmutter gefrotzelt, dass in Zug so nix los sei, und ab halb sieben die Trottoirs hochgeklappt werden. Sie hat dann nur gesagt: «Wüescht tue, chunnd dezue», also quasi, je mehr ich über die Stadt lästere, desto eher würde ich in diese Stadt ziehen.

Nein, Mueti, dazu wird es nie kommen (aus heutiger Sicht), mir ist es viel zu wohl hier draussen im Kaff (neu mit Migros!), als dass ich den Schritt in die Stadt machen würde.

Trotzdem gehe ich sehr gerne in die Stadt, die recht beschaulich und gut erreichbar am Zugersee liegt. Es ist alles nah beieinander, und die Altstadt ist schnüsig.

In dieser, von aussen gesehen vergoldeten und von fremden Briefkastenfirmen besetzten Stadt findet man immer wieder kleine Schmuckstücke, Diamanten, welche leicht versteckt wunderschön funkeln. Für Auswärtige meist nicht sichtbar, sind diese Orte Orte, an denen noch der normale Mensch verkehrt. Diese Diamanten haben eine Vergänglichkeit, heute würde man Pop-up dazu sagen. Plötzlich tauchen sie auf, funkeln fröhlich und kräftig, werden dann von der Masse entdeckt, und vergehen dann wieder, um gut in der Erinnerung weiterzuleben.

Der Nachtbazaar zum Beispiel war genau so ein Diamant. Vor über zehn Jahren entstanden, wurde eine Halle der Stierenstallungen zweimal im Jahr fürs Publikum geöffnet, und man konnte da seine Ware feilbieten. Bedingung war, das es nichts Neues sein darf und eine Standgebühr von 30.- (35.- mit Stromanschluss). Als Kulinarium gabs Diverses aus Afrika oder vom heimischen Metzger was. Und einmal tritt sogar ein Feuerschlucker auf. Wir waren jahrelang selber hinter dem Verkaufstresen, unsere unkonventionellen Verkaufstechniken -zum Beispiel 1 CD=3 Franken, 3 CD=1 Franken, oder die häppy Hour, bescherte nicht nur den Verkäufer viel Spass. Wir benutzten den Termin jeweils zum entrümpeln und unser Ziel war es, die Standgebühr rauszuholen, und viele glückliche Käufer von unserem Stand weggehen zu sehen.

Jahrelang funkelte dieser Diamant in unserer Agenda- wenn wir es einrichten konnten, gingen wir als Verkäufer hin. Corona und die Masse an Bekanntheit bei Kreti und Pleti gab dem leicht alternativ angehauchten Ereignis schlussamänd den Todesstoss. Heut gibts den Nachtbazaar nüm, und auch wenn wir mal versuchsweise auf den Baarer Flohmarkt, der viermal im Jahr stattfinden tut, ausweichen (und sehr enttäuscht abends wieder abzotteln), es ist halt eifach nid der Nachtbazaar.

Ein weiterer so leuchtender Diamant findest du seit wenigen Jahren beim Hafen von Zug. In der Badi Siebach, der sogenannten Männerbadi. Hier haben ganz findige Gastronomen ein -meiner Sicht nach- ganz kooles Konzept aufgebaut. Und den ansonsten recht längweiligen Badikiosk – findest in jeder Badi so einen «Dreiunfünzig! Pommes Nummer dreiundfünfzig» plärrenden Lautsprecher, hinter dessen Tresen überteuerte Süssigkeiten und Frittiertes verkauft wird, zur Freiluftbar umgebaut.

In der Männerbadi an der Badi-Bar kriegst das auch, jedoch wenn alle anderen Badis einwintern, beginnt hier der echte Diamant zu leuchten. Es werden Holzschnitzel ausgestreut, Blechfässer mit Feuer parat gemacht, eine bunte Lichterkette überspannt den eingestreuten Bereich. Tannenbäume sind auch mit Lichterketten geschmückt, und die Stühle haben ein Fell. Hier kannst du dich durch den Winter bei gutem Wetter draussen einkuscheln, einen selbstgemachten Ingwertee geniessen, am offenen Feuer wärmen, Glühwein schlürfen, oder gar ein Raclette schlunzen. Einfach sich selber sein. Zusammen mit Freunden.

Wir haben die bunten Lichter mal auf dem Heiweg von der Strasse aus gesehen, und wollten da wissen, was denn abends in dieser Badi buntes los sei.

Wurden sehr freundlich begrüsst, haben uns von Anfang an sehr wohl gefühlt.

So wurden wir zu Widerholungstätern, und geniessen ab und zu die einmalige Atmosphäre am See in der sonst leeren Badi.

In diesem Winter gibts was ganz Besonderes: Es wurden vier Seilbahn-Gondeln hingestellt, hier kann man jeweils zu viert ein sehr feines (vom Käse Dubach) Fondue geniessen. Wir reservieren uns eine Gondel, und nehmen Mami mit. Es war sehr gemütlich und Dani, unser Kellner war dermassen mit Liebe und Seele dabei, da wurde unser Herz in der bissigen Kälte warm.

Verbringen eine wunderschöne Zeit in der Gondel, geniessen das ausgezeichnete Fondue (welches es auch als vegane Version geben würde!), schäkern nochli mit der Servicekraft, und seinem selbstgemachten (!) Zupfkuchen und fühlen uns alle sehr wohl in der Skigondel in der Badi.

Und das in Zug.

Dem Briefkastenfirmenort.

Der Oligarchenhochburg.

Der höchsten Porschedichte des Landes.

Aber einem weiteren Diamanten, dem Gondeli-Gärtli in der Badibar.

Kategorien: Coole Sache

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