Sie ist wieder da!

Endlich!!

Ich bin soo froh!

Ach, wie bin ich froh!

Kann dir gar nicht sägen, wie froh!

Die Vorgeschichte zum heutigen Beitrag findest du hier.

Und wie du sicher bemerkt hast (spätestens bei den nächsten Worten), sind bereits drei Monate seit dennen durchs Land gezogen.

Zwölf lange Wochen, in denen ich das vertraute Tick-Tack vermisst hab.

Zwölf Wochen, in denen es Zuhause einfach leer scheint, weil kein schöner, beruhigender Glockenschlag ertönt.

Zwölf Wochen, in denen mir sogar das regelmässige Aufziehen des Uhrwerkes fehlt.

Scho no verrückt, wie man sich an einen Gegenstand, einen zwar ziemlich lautstarken, aber immer zuverlässigen Zeitgenossen gewöhnt.

Und er erst fehlt, wenn er nicht mehr da ist und dessen Fehlen sich damit hörbar macht, indem sich eine seltsame (irgendwie bedrückende) Stille in der Wohnung breitmacht.

Ich hatte jedesmal, wenn seltenerweise die Uhr mal stehen blieb (und nicht mehr die 60-mal Tick und 60-mal Tack in der Minute machte) immer ein so komisches flaues Gefühl. Hatte irgendwie ein fahles Gspüüri, als sei jemand in diesem Moment von uns gegangen…

Eine ganz ganz seltsame Schwingung hing in der Luft- Hab das gar nicht gerne!

Gut hat sich dieses Gspüüri nie bewahrheitet, das wäre für mich sonst der Horror. Aber es ist trotzdem ein gschmuuches Gefühl. Drum bin ich auch so drauf, dass diese Uhr immer läuft. Und jahrelang hat sie nun den zuverlässigen Dienst bei uns getan, ihre stabile Ganggenauigkeit hat mir würkli immer Eindruck gemacht.

Aber äben- Sie ist ja nu in Revision.

Eigentlich ist der Uhrmacher eher auf kleinere Uhren, Tischuhren, Armbanduhren und Neuenburger Pendülen spezialisiert, und als ich ihm meine Gustav Becker auf den Fotos gezeigt hat, war seine erste Frage:

Ist es ein Erbstück oder wurde sie bei einer Auktion gekauft? Denn eine Revision lohne sich nur aus sentimentalen Gründen, der Service übersteige den Kaufwert meist bei weitem…

Finde diese seine Ehrlichkeit toll, und auch wenn die zwei Uhrmacher sich nicht grad wie Geier auf mein Schätzi stürzen, merke ich: Hier ist meine Uhr in guten Händen.

So verabschiede ich mich von meiner Uhr mit gutem Gewissen, sie in guten liebevollen Händen zu wissen.

Bereits wenige Tage später habe ich eine schriftliche Offerte im Postfach, und ein Telefonanruf zur Erklärung.

Megaflott!

Hätte jetzt immer noch die Gelegenheit, mir das mit der Reparatur zu überlegen, die Offerte ist im höheren dreistelligen Bereich.

Überlegen? I wo!!

Das Geld ist es mir alleweil wert, die Uhr soll ihre verdiente Revision kriegen, damit sie weitere 120 Jahre zuverlässig und genau die Zeit anzeigen und schlagen kann.

Sie soll mich ruhig überleben, das stört mich nicht.

Den Auftrag zur Revision erteile ich mündlich wie auch schriftlich, mir wurde eine Wartezeit von etwa neun Wochen mitgeteilt, wobei sie momentan grad eine volle Reparaturwerkstatt hätten, und es sich villicht e bitz verzögert mit der Revision.

Ist mir recht, auf ein/zwei Wochen kommt’s auch nicht an. Und Ostern/Pfingsten ist ja auch noch, da verzögert sich halt die Wartezeit.

Aber es ist schon irgendwie leer dehei.

Trotz vercheertumme hängendem Pilzlibild aus dem Tessin, entwickelt im Fotolabor der Zuger Radarpolizei…

Da fehlt was.

Und obwohl wir eigentlich gar nicht auf dunkles, gedrechseltes, geschnörkeltes Holz von 1890 stehen- Diese Uhr gehört einfach hier her, diese Uhr gehört zu mir/uns.

Soifz….

Irgendwie vergingen die zwei Monate, aber wie wenn man bei einem Lied den Bass wegnimmt, fehlt halt das beruhigende TickTack, der schöne Dreiklang des Gongs, die sogenannte Baseline, welche uns im Hintergrund stets begleitet hat.

Immer wieder fällt mein Blick beim vorbeigehen auf den Platz, wo statt der Uhr das choge Pilzfotto hängt.

Und manchmal in der Nacht, da habe ich den viertelstündlichen Gong vermisst.

Nun gut, irgendwie gings, und wir waren auch mit Vorbereitungen für unsere Ferien beschäftigt. Irgendwann gingen wir denn auch in die Ferien, und ich musste kein schlechtes Gewissen haben, weil die Uhr niemand aufzieht.

Nach den Ferien wollte ich mich beim Uhrmacher melden, denn es waren bereits 12 Wochen vorbei. Nicht zum stressen, aber vielleicht ist ja meine Adresse verloren gegangen, oder die Uhr dermassen kaputt (Horrorvorstellung!) und irreparabel, dass man sich nicht getraut, mir anzurufen.

Aber wie wenn er es geschmöckt hätte, kriege ich Post mit dem Bescheid, meine Uhr sei ab Samstag abholbereit!

Juhuuu!

Ich melde meinen Besuch an, denn ich möchte doch miis Schätzi schnällschtmöglich wieder haben.

Hab’s halt schon sehr vermisst.

So machen wir uns relativ früh morgens auf um nach Zug zu fahren, wo an bester Lage sich das Geschäft befindet. Der Parkplatz direkt vor dem Geschäft war wie vor zwölf Wochen zufällig frei. Hatten schon Bammel, dass man wegen des am Abend stattfindenden Seenachtsfest’s jetzt schon alles verbarrikadiert, aber so waren wir bloss zwei Schritte vor dem Geschäft!

Ideal.

Die zwei Uhrmacher sassen gebeugt über ihrer Arbeit, mit Lupe und Pinzette, eine Finöggeli- und Gänggeliarbeit. Für das musst du auch gemacht sein.

Meine Uhr hängt an der Wand und tickt zufrieden. Mir kommen vor Freude die Tränen, bin sichtlich gerührt.

Die Dame erklärt mir, dass sie diese Uhr revidiert habe, und es das erste Mal für sie gewesen sei, eine Uhr diesen Typs unter die Fittiche zu nehmen. Sie hat das Uhrwerk auseinandergenommen und gereinigt, zusammengesetzt und geölt. Und findet den Gong auch sehr beruhigend. So wie ich sie einschätze, hatte sie viel Freude und eine lehrreiche Zeit mit meiner Uhr. Ich denke, ist mal was anderes wie eine Cartier-Armbanduhr. Sie ist sicher auch ein bisschen stolz, dass sie es so gut hinbekommen hat.

Weil sie sieht nun auch, dass ich sichtlich gerührt bin, und eine unsinnige Freude an der Uhr zeige.

Das gibt ihr sicherlich ein gutes Gefühl.

Wir fachsimpeln no e bitz und der Uhrmacher versichert mir, dass das Uhrwerk schon was präzises sei, was diese Gustav Becker Uhr habe. Denn die Technik und die hohe Materialqualität der in Schlesien produzierten Uhren waren mehrere Goldmedaillen an Weltausstellungen wert. Aber die Produktion dieser Uhren wurde schliesslich arg ins Bedrängnis gebracht, als die billiger herzustellenden Schwarzwalduhren den Markt überschwemmt haben.

So war man gezwungen zu sparen und mit anderen Uhrfabriken zu fusionieren (Junghans), und den ehemals bedeutensten Standort in Deutschland produzierten Grossuhren dann schlussamänd vor dem zweiten Weltkrieg leider geschlossen werden musste.

Interessanterweise erzählt der Uhrmacher auch von stehen gebliebenen Uhren, welche einen Todesfall ankünden, oder von Menschen (deren Herzschlag nicht auch im 60er Takt schlagen) nicht mit diesen Uhren zschlag kommen und sie als nervös machend empfinden, oder gar entfernen müssen, weil es nicht mehr geht.

Verrückt!!

Der Uhrmacher gewährt mir 24 (!) Monate Garantie auf die gemachte Arbeit. Ein beruhigender Zug!

Ich bin überzeugt, dass die Uhr nun für die nächsten sechzig Jahre sicher und zuverlässig laufen wird.

Danach ist es mir egal. Auch öb sie noch irgendwann Antikwert kriegt, und für Tausenden von Franken vertschuttet werden könnte.

Sie ist miis Schätzi, ich liebe sie, und ihr TickTack sowie der beruhigende Gong geben mir wieder ein gutes Gefühl zu Hause.

Willkommen zurück!!

Kategorien: Persönliches

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