Äh? Hallo? Uhr? Das ist doch keine Uhr?

Hat der sich mit dem Blogtitel vertan?

Da ist doch ein Bild mit Pilzen, und erst noch verkehrt ummen? Oder habe ich Pilze auf den Augen?

Hihi, ja. Dieses Foto selber hätte noch eine ganz interessante Geschichte inne. Man kann mich ja nach diesem Episödeli fragen…

Wer mich regelmässig liesst, oder gut kennt, weiss, dass hinter diesem Titel da eine ganz bestimmte Absicht dahintersteckt, und spätestens am Ende des Blogs die Auflösung folgen wird.

Ist heute nicht anders- Ich muss nur etwas ausholen…

Zeitlebens haben mich Uhren -je grösser, desto Poah!- fasziniert. Und manches Uhrwerk wurde durch mich genau inspiriert, denn das Zusammenspiel der Zahnräder hat mich schon immer in seinen Bann gezogen. Ein paar Uhren habe ich schon demontiert, konnte sie jedoch mangels Geschick meist nüm zusammensetzen. Wenn ich als Kind durch Abrisshäuser oder Brockis stöberte, gab es da und dort auch mal sogenannte Grossuhren für an die Wand (grösser wie eine Kaminuhr, aber kleiner wie eine Standuhr), die in meine Hände fiel, und ich dann dran rumbastelte. Mit dem Ergebnis, dass das Gehäuse im Holzhaufen zum Verbrennen und das Uhrwerk irreparabel und völlig auseinandergenommen im Abfall landete.

Wir hatten auf der Egg ein besonderes hübsches Modell einer Grossuhr. Die hatten wir von meinem Grossvater aus Zug. Er wiederum bekam sie von einem mir unbekannten Mann namens «Müüsli». Ich liebte ihren Klang, wenn sie die Viertelstunde schlug, einerseits sicher eine Erinnerung an Zug, wo sie im Stübli hing, anderseits beruhigt mich der volle Klang einfach immer wieder. Das Tick-Tack ist wie ein Herzschlag…

Ich habe an dieser Uhr nie getraut irgendwas auseinanderzunehmen, nur das Ämtli des Uhrwerkaufziehers, das habe ich wöchentlich sehr gerne übernommen. Hat was mit Respekt zu tun.

Als ich dann selber eine eigene Wohnung hatte, kam dieses Schmuckstück natürlich nicht mit mir mit. Hatte auch anderes zu organisieren, wie alten Uhren nachzujagen. Im Tessin, in Bosco Luganese bekam ich von meinem Vermieter die Gelegenheit, mal in seinen übervollen Speicher zu gucken, da hatte es ausser einem Waffeleisen für Hostien jede Menge schöne, alte Glaslampenschirmlis, Koffer, Nähmöbeli, alles, was er über all die Jahre halt nicht übers Herz kriegte, fortzuwerfen. In einem viereggigen Holzkästchen war auch eine megaschöne Uhr, defekt, aber das Zifferblatt war noch intakt. Es habe keinen Pendel mehr, aber ich könne sie sehr gerne haben. Ah- Signor Pianca, was haben sie mir damit für eine Freude gemacht!

Ich nahm die Uhr aus dem Gehäuse, und baute diesem Uhrgehäuse zwei Glastablare rein, setze ein Glas in die Tür ein, und verschliesse den Boden- da lampete der Plämpel raus- Ein wunderschönes Kästli für meinen Chrimschrams, es steht immer noch bei mir.

Die Uhr selbst -sie war nach Jahrzehnten unsachgemässer Lagerung auch völlig hin- war defekt, aber halt das Zifferblatt gefiel mir. Und ich habe mal eine Auskunft über diese Art Uhren eingeholt: «Ochsenauge» nennt man diese Art. Ok, denn halt, mir gefiel wie erwähnt einfach das Zifferblatt. Da das Uhrwerk würkli nümm in Gang zu kriegen war, habe ich das alte Uhrwerk ausgebaut und ein Quarzuhrwerk mit Batterie eingebaut. Die Uhr lief und niemand merkte den Fake. Sah würkli schigg aus. Ich habe sogar noch einen Plämpu dran getan, ohne Aufgabe, einfach als optischen Effekt.

Leider ist die Uhr mir in Hagendorn ab der Wand runtergefallen, sie ging zu Bruch. Habe sie wohl zuwenig gut befestigt.

Ach Remo… bisch en Schlufi.

Musste somit auch diese Uhr entsorgen.

Für Ersatz war schnell gesorgt, in einem Brocki fand ich eine grosse, schwere, alte Stechuhr mit funktionierenden Uhr, und den Hebel zum Stempeln habe ich gerne gedrückt, denn jedesmal erklang ein Klingeln der Glocke, wenn man ihn betätigte.

Passt doch zu mir.

Wie es aber so ist, mit der Zeit trennt man sich von Sachen, und auch diese doch originelle Stempeluhr (man sagt, sie habe den Brocki-Mief nie abgelegt), wurde aus der Wohnung verbannt. Als Ersatz eine hübsche Grossuhr, in einem Brocki in Schlieren für ganze 30.- gekauft.

Diese Uhr hat mich einige Jahre begleitet- eine hüpsche Anomalie hatte sie- um viertel ab Zwei schlug sie jeweils falsch. Aber sonst zuverlässig und mir viel Freude machend.

Das Tick-Tack gehört einfach zu meinem Zuhause.

Kaum hatte ich diese Uhr liebgewonnen, kam mein Mami mit der Anfrage, öb ich nicht «die Uhr vom Müüsli» haben möchte. Bei ihr laufe sie nicht, und auf der grossen Wand wirke sie etwas verloren. Ich erinnere mich, sie wirkte würkli echli verloren an der grossen Wand, und es tat mir immer e bitz weh- Weil sie nicht lief.

Eine Uhr muss laufen, wie auch ein Schalter funktionieren soll. Komisch, aber so bin ich.

Nun war ich total im Zwist- Konnte ja nicht zwei Grossuhren mit lautem Geläut deheime haben- Nein, das wollte ich dann doch nicht.

So habe ich das Angebot von Mami ausgeschlagen, meine Cousine nam sich der Uhr gerne an.

Tipptopp. Hauptsache, sie läuft.

Wie ich Jahre später erfahren tu, kam die Uhr leider nicht zum Einsatz, und fristete auf Cousine’s Estrich ihr Dasein.

Irgendwie hat meine Grossuhr aber gemerkt, das mein Herz halt schon an der «Uhr vom Müüsli» hängt, und sie beginnt zu zicken, steht plötzlich still, schlägt falsch…

Was isch den au los?

Ich klopfe bei der Cousine an, und sie überlässt lieberweise besagte Uhr mir zur Pflege.

Meine Uhr kommt ins Brocki- findet sicher einen Liebhaber- Hatte dich auch gern, gute Uhr.

Ich bin nun richtiggehend häppy, und der Gongschlag der so geerbten Uhr ist richtig heimelig.

Ich musste nur e bitzeli abstauben, die Uhr ist einsatzbereit.. so schööön!

Die Uhr ist, wie ich herausfinden tu, von der Uhrenfabrik Gustav Becker im schlesischen Freiburg– heute Polen. So um 1900 rum, denn sie hat noch den Stempel der Weltausstellung als ausgezeichnetes Uhrwerk. Wer nun denkt, es sei ein echter Schatz und sicher unbezahlbar, muss wissen, dass Gustav Becker bereits 1892 die 1’000’000 Uhr produziert hat, und es eine boomende Industrie war, die nicht mehr viel mit Manufaktur zu tun hatte, sondern vom Fliessband kam. Förderbandarbeit in der aufkommenden Zeit der Industrialisierung.

Nichtsdestotrotz bin ich stolz, denn das über 120-Jährige Schmuckstück läuft immer noch zuverlässig und ruhig.

Soll heute noch öppert nachmachen.

Da ich dem Uhrwerk nach sicherlich 50 Jahren mal einen Service gönnen möchte- denn es soll mich überleben- mache ich einen Grossuhrenmacher im zürcherischen Bülach aus. Denn Uhrmacher sind heutzutage rar, und ich will was Gutes für die Uhr tun.

So bringen wir die Uhr nach Bülach. Viel machen musste er schlussamänd nicht- Sie lief ja souverän.

Seit diesem Service bin ich zufrieden, und die Viertelstundenschläge höre ich nachts gar nicht mehr, aber wenn ich sie höre, habe ich grad ein behütendes Gefühl.

Schöön.

Letztens, grad als ich mit meiner Galle rumkomödie, ist irgendwas mit dem Schlagwerk.. die Uhr schlägt dauernd und hört auch nümm uuf mit dem Glockenschlag.

Och nöö- was isch den au?? Eventuell hatts beim Aufziehen was gelöst, oder verbogen?

Kanns nicht sagen, auch ein Blick hinter das Uhrwerk bringt keine Besserung. Immerhin finde ich kein abgebrochenes Teil, aber es kommt noch dazu, dass durch den Ausbau aus dem Gehäuse die Uhr nun unrund läuft, und ich sie nun recht schräg aufhängen muss, damit sie gleichmässig läuft.

Ärgerlich…

Möchte aber dies beheben, das Uhrwerk läuft ja immer noch zuverlässig. Den Glockenschlag ziehe ich nümm auf- Hat grad keinen Wert. Sie tickt nun nur noch, der tiefe, beruhigende Glockenschlag fehlt mir aber schon.

Wieder nach Bülach? Ach, gibts denn hier in der Nähe nichts?? Das Internet ist da nicht ergiebig, und eine Nachfrage bei Verwandten und Kollegen verläuft schlussamänd auch im Sand.

Bei einem Spaziergang in der Stadt Zug entdecken wir ein kleines, schnusiges und aufgeräumt modernes Uhrmachergeschäft an der Strasse.

Sieht irgendwie noch sympathisch aus.

Einige Wochen später- Mir macht der fehlende Glockenschlag schon bitz Mühe, fasse ich mir endlich den Mut, mache ein Fotti von der Uhr und trete in das Geschäft in der Zuger Vorstadt.

Der Besitzer macht uns einen guten, sympathischen Eindruck- stellt aber grad von Anfang an klar, das eine Reparatur der Uhr sich nur lohnt, wenn eine emotionale Bindung da sei. Falls ich die Uhr ersteigert hätte, wäre der Aufwand grösser wie der Kaufpreis.

Finde diese Aussage gut und ehrlich. So was gefällt mir. Ich zeige Bilder der Uhr, und er erklärt sich einverstanden, dass ich sie vorbeibringen soll, er sie anguckt und mir eine Reparatur-Offerte macht.

Ich warte deheime noch, bis die Uhr von selber abstellt, ziehe sie nicht mehr auf.

Beim zweiten Besuch beim Uhrmacher nehmen wir die Uhr mit, bekommen den Reparaturschein und lassen sie mit der Gewissheit, dass sie in guten Händen ist, im herzigen Geschäft in Zug.

Ich bin gespannt, und hoffe dass dieser Service meinem Schätzi weiterhilft, mich noch lange an ihrem Gongschlag zu erfreuen.

Zuhause dann ist der Platz an dem sie hing dermassen leer, dass ich irgend ein Bild hinhängen musste. Es ist zwar verchert umme, aber egal.

Ist ja nur für eine bestimmte Zeit, bis meine Uhr wieder tipptopp da hängt.

Vermisse sogar das Tick-Tack jetzt schon!

Kategorien: Persönliches

1 Kommentar

Miis Schätzi – Remos.blog · 29. Juni 2022 um 17:36

[…] Die Vorgeschichte zum heutigen Beitrag findest du hier. […]

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