Nein- das Möbeli ist so nicht schön! Dieses Schubladenmöbeli im Biedermeierstil mit dunklem Furnier und dann noch im obligaten Hochglanz fällt bei uns unter Gelsenkirchner Barock, Sofalandschaften mit Alcantara-Imitat oder Möbel aus dem Billig-Discounter mit dem grässlichem Neonlicht.

Also bäh! Igittigiit und schnell wegg!

Der leicht verschnörkelte, verspielte Stil würde uns eigentlich noch gefallen, geht so Richtung Barock. Aber dann das drunterliegende Massivholz Hochglanzfurnieren- Wiesoo?!!

Du fragst dich, was denn demfall dieses Ding bei uns Zuhause macht- Denn es steht würkli bei uns Zuhause..

Kann ich das alles klären, wir experimentieren mit dem Möbeli etwas, um dann voll Enthusiasmus durchzustarten.

Man möge sich noch an unsere «florale» Wandtapete im Esszimmer erinnern, davor steht ein rundes, herziges Holztischli mit zwei Schubladen. Auch in unsympathischen dunkelbraun- dies wollen wir ja passend zur Wand in einem Fliederrosa streichen.

Seit geraumer Zeit verfolge ich den «neuen» Trend im Internet, wo man ohne Abschleifen des Möbels Farbe draufschlarggen kann, und es schlussamänd au noch kool aussieht.

Das geht doch nicht, das hebt doch gar nicht, das wird eh nix. Wieso hab ich dann jahrzehntelang Möbeli abgeschliffen um neue Farbe drauf zu tun? Ich hasse diese Finöggeliarbeit- nicht umesuscht liess ich mein letztes Möbeli sandstrahlen (find das eine ganz gäbige Sache, mfal). Und nun kommt so ein Berliner (süss ist er auch noch, hihi), und behauptet, er möble hochglanzlackierte Möbel auf mit Farbe, und das ohne es vorher abzuschleiffen…

Mit der so genannten Chalk Paint- also Kreidefarbe- sei dies möglich, und wenn man es mit Wachs versiegle, sogar wetterfest.

Ähä!

Also das mit Kreide kenn ich noch vom Bauernhof, der Bauer strich alle paar Jahre den Stall innen neu, mit dieser weissen Kalkfarbe. Und dabei übermalte er nicht nur alle Nägel, Beschläge und Spinnweben, es sah am Schluss auch noch wie frisch gestrichen aus…

Komm- Das probieren wir. Und zu diesem Zweck ersteigern wir obengenanntes Biedermeiermöbeli für wenig Geld, es sei aus Luzern, von einer wohlhabenden Familie. Nun, Geschmack ist ja keine Geldfrage, und so laden wir das für uns vollig deplatzierte Möbeli ein. Wir bestellen Chalk Paint, die Gleiche, wie in Berlin verwendet wird, und sind mal gespannt.

Den Platz fürs Möbel haben wir schon provisorisch dafür definiert, der Fehlkauf in der Ikea wird ausgemerzt, da kommt nu was Schönes hin…

Falls es uns dann würkli gefällt.

Wir demontieren die chrüppeligen Schubladengriffe und füllen die Löcher mit plastischem Holz. Dann schleiffen wir nur ganz kurz die Schubladenaussenseiten an- hier dünkt uns, sei nachträglich ein Lack (wieso nur?) aufgetragen worden.

Nach diversen Tutorials traue ich mich ans Werk, und bemahle mal die Innenseite der Schubladen. Auch wenn ich noch so gleichmässig male, das Holz scheint durch und die Streifen, sieht wüest aus, erfüllt mich überhaupt nicht grad mit befriedigender Freude.

Scheissemann!

Hab ich jetzt das Möbeli schon versiechet? Ich male so gut es geht, beide Schubladen fertig, gibt ja nochmals einen Anstrich.

Ich lasse den Anstrich trocknen, und wir beide sind ganz und gar nicht zufrieden mit dem, was wir sehen.

Der Vorteil an Kreidefarbe ist, es trocknet sehr schnell, eine zweite Schicht kann nun aufgetragen werden. Ich bin bitz am hadern, öb ich überhaupt noch soll, oder grad den ganzen Schurrmurr auf die Halde werfe…

Nun, ich probiere es namal: Diesmal aber nicht in langen, regelmässigen Strichen, sondern in kleinen kurzen Strichen und immer wieder richtungswechselnd. So wie wir amigs im Kindergarten gemalt haben…

Und siehe da- Das sieht nun aber schön aus!!

Huh?!

Also bepinsel ich das Möbel wild mit spastischen Bewegungen- und ich sage dir: Das ist leichter geschrieben, wie getan! Ich verkrampfe mich auch leicht, schlussamänd sind nun sämtliche leicht verknöcherte Sehnen und Muskeln der linken Hand wieder geschmiert und beweglich wie nie zuvor.

Wär das noch eine Idee für die Ergotherapie?? Hmmm….

Zurück zum Stück. Der zweite Anstrich trocknet vor sich hin, es sieht schon besser aus, mit dem dritten sind dann alle Stellen übermalt, die so schrecklich Hochglanzfurniert waren.

Die Farbe haftet tatsächlich ohne vorgängiges Abschleifen, und die körnige Konsistenz verzeiht auch die etwas wilden Pinselstriche. Was aber nicht heisst, dass man so alle Unebenheiten, Löcher oder Risse eifach übertünchen kann, die sieht man auch nachane noch.

Den Anstrich lassen wir über Nacht trocknen, denn anderntags kommt die Versiegelung.

Die Kreidefarbe deckt zwar schön, ist aber weder kratzsicher noch stossfest. Drum wachsen wir das ganze ein. Möbel einwachsen kenne ich auch seit Kinderfüssen, der feine Duft nach Bienenwachs liebe ich so sehr. Hier wird aber mit einer Art Rasierpinsel der farblose Wachs aufgetragen, Farblos auf Weiss -Eine echte Herausforderung! Irgendwie hab ich‘s dann doch noch geschafft, alle Stellen zu verwütschen, mit einem weichen Baumwolltuch wird der Wachs nun eingerieben. Man könnte hier polieren und bekäme einen Glanzlook, aber das will ich ja nicht.

Wieder lasse ich das gute Stück trocknen, denn ich freu mich auf den nächsten Schritt: Das Veredeln!

Mit einem eingefärbten Wachs (ich nehme so ein schwarzgrau) werden mit Pinsel die Vertiefungen und Kerben eingestrichen und mit einem Baumwolltuch grad wieder drübergewischt. So bekommen die schönen Schnitzereien mehr Tiefe und Konturen, und das Möbel wird chli auf alt gemacht (das heisst, es würkt nun staubig, abgegriffen und gebraucht.

Also ich bin vom Resultat begeistert- Sieht doch ganz geil aus!

Also wenn ichs schaff, so ein hässliches Möchte-Gern-Hochglanz-Schigg-Villa-Teil schön zu machen…

Dann wird das runde Tischli sicher auch megahüpsch.

Aber eins nach dem Anderen.

Bin aber immer noch begeistert. Hihi.

Kategorien: Werkeln

1 Kommentar

Wir machen weiter – Remos.blog · 30. August 2023 um 19:03

[…] schon einmal kurz berichtet über unsere Erfolge mit Chalk Paint, und habe meine ersten Erfahrungen hier veröffentlicht. Und in Zwischenzeit sind bei uns Deheime mehrere Möbeli in diesen speziellen […]

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