-Was ist denn das?

Es geht um die Gewinnung von Kalk

-Hat das was mit Magie zu tun?

Ähm, nö, aber e bitz Magie schadet nie.

-Ist das was mit Feuer?

Ja, durchaus (war ja einfach, das Titelbild zeigts ja, tztz).

-Brauchen wir denn das überhaupt?

Hmm, ja, wird heute durchaus noch benötigt.

Ich löse hier mal auf: Es geht ums Kalkbrennen.

Seien wir ehrlich- Weiss du, was genau Kalkbrennen ist?

Kalk und Brennen das ist ja klar, aber Kalkbrennen? 

Kannst du mir erklären, was da vor sich geht?

Besitzt du eventuell mehr Wissen, um mir diesen Begriff zu erklären?

Es ist nämmli absolut faszinierend und braucht rächt viiiiel Zeit, um das gewünschte Resultat erreichen zu können.

Was das mit dem Kalkbrennen und der Vorgehensweise zur Herstellung zu tun hat, möchte ich dir gerne hier verzellen:

Wir sind ja länger schon ganz treue Freunde des Freilichtmuseum Ballenberg grad ännet dem Brünig. Gehen wenn möglich einmal pro Jahr sicher dahin, und geniessen einfach das Schlendern, das in-den-Garten-gucken, alte Handwerktechniken zu bewundern, das Verweilen.

Und einen schönen Tag draussen an der frischen Luft zu verbringen. Sind gerne zu zweit unterwegs, oder auch gerne mit Familie, Kind und Kegel. Uns egal, Hauptsache Zeit miteinander verbringen.

Mittlerweile kennen wir die Häuser sehr gut, müssen nicht alle abklappern, sondern können uns spezifisch auf einzelne Gebäude oder sogenannte Geländekammern konzentrieren.

Oder nur im weitläufigen Gebiet spazieren, und die Häuser von aussen angucken.

Und eben, wenn andere Leute mitkommen, diese bitz führen, und müssen da nicht das gesamte Gelände durchrasen.

Es ist eh viel zu gross, um alles an einem Tag zu erwandern, wir möchten ja auch bitz geniessen, oder?

Wir lieben es, wenn ganz spezielle alte Techniken der Handarbeit gezeigt werden, sei es das Schmieden, das Klöppeln, das Käsen, das Köhlern, das mit Asche waschen. Es gibt da einiges, welches uns gezeigt werden kann, gerne erinnern wir uns, wie das «Gurrli fieggen» gemacht wird.

Ich bin immer wieder chli auf der Homepage am luegen, öbs ächt mal wieder was Interessantes und Spezielles zum Angucken gibt.

Denn es gibt immer wieder Tage, Wochenenden oder gar Wochen, in denen im Ballenberg altes, vergessenes Handwerk würkli fachkundig gezeigt wird.

Dieses Jahr ist das Motto -Feuer und Flamme- und wir sind es auch!

Zu diesem Thema passt sicher auch, dass die Restaurationen endlich von jemandem anders übernommen wurden, der Vorgänger war mir zu fest auf Massenabfertigung ausgerichtet, seit Jahren ärgere ich mich schon drüber.

Werden den Pächtern später noch persönlich begegnen, aber von hier aus wünschen wir einen tollen Start, und werden sicher ihr Angebot mal testen wollen.

Im Newsletter stand Anfangs Jahr mal was von «Kalkbrennen», und ich konnte mir nicht so genau vorstellen, was denn da getan wird. Aber genau das herauszufinden, hat mich neugierig gemacht, und mich diesen Tag im Kalender vormerken lassen. Sogar eine Einladung zu einer Hochzeit haben wir sausen lassen, und -ich spoilere jetzt hier mal- wir haben’s absolut nicht bereut.

Da das Kalkbrennen im Ofen rund vier Tage dauert und auch über Nacht betreut werden muss, ist der Event bitz speziell. Ein 24-Stundenbetrieb quasi.

Ein toller Moment, mal nicht um 10.00 Uhr morgens vor den Einlasstoren zu stehen wie sonst amigs, sondern wir gondeln gemütlich nach dem Mittag von Zuhause los, denn gemäss den chli spärlichen Infos, ist der Zutritt zum Kalkbrennen im Gelände 24 Stunden gewährleistet.

Toll!

Wir befürchten schon, der Parkplatz sei überfüllt, und wir müssen zum Osteingang retour, aber es geht noch mit strengem Publikumsauflauf. Rund der halbe Parkplatz war besetzt, das hiess, es hat drin nicht so viele Leute.

Das wird sich sicher ändern, denn bald beginnen die Sommerferien, dann ists bitz anders.

Schnell noch ein Hütchen gekauft, denn das Wetter reisst auf, es wird angenehme 25 Grad, und es bläst ab und zu ein angenehmer Wind. Trotzdem, ein Schutz des Kopfes ist sinnvoll. Derselbe Kopf wars auch, welcher sein Hütchen zuhause vergessen hat.

Tztz- wir werden wohl langsam alt, mein samft ergrauender Herr?

Traditonsgemäss (das können wir auch) posten wir unser vor Ort früsch gebackenes Ballenberg-Brot. Ein Sauerteigbrot, meist noch ofenwarm, welches wir meist auch gleichentags vertilgen. Dieses Mal nehmen wir zusätzlich zum Brot noch eines mit Sonnenblumenkernen drin, plus die obligaten Ballenbergknebel, eine Wurst zum Kaltessen, sowie ein Käsemutschli.

Mmm!

Wir probieren sofort das Kern-Brot, es ist recht gut, aber ans Andere kommts doch nicht ganz ran, hihi. Gut haben wir das andere auch im Rucksack.

Nun gehts runter ins «Tessin», der steile Weg hinunter hält doch einige auf, den Kinderwagen nicht da runter zu stossen (denn er muss wieder da rauf). Der Gutshof liegt teilweise im Schatten, die Hühner laufen frei herum, ein paar Leute sitzen hier und plaudern gemütlich.

Richtig friedlich.

Wir treten in das Gebäudeensemble, und stehen im Innenhof. Auch diesen Gutshof kennen wir recht gut, die Ausstellung über Seidenraupen ist sehr gut gemacht.

Wir möchten einen Kaffee, und gehen in die geöffnete Osteria. Uns werden lauter feine Leckereien angeboten, Minestrone/Risotto/Salate. Und alles auch «to go»!

So guet!!

Wir möchten aber erst einen Espresso und bekommen diesen auch. Dann erblicken wir Bergamotte-Gazosa, ooooooh! Ja, gerne zwei davon.

Und zum Kaffee noch ein Stückli von dem fein aussehenden Kuchen?

Ah? Kastanienkuchen?

Uuuuuh- ja, bitte davon auch ein Stückli!!

Wir sitzen auf die Terrazza -im Innenhof glubschen die Leute zu doof- und fühlen uns mit der Aussicht würkli wie im Tessin!

Mit Hochgenuss unter dem Schirm geniessen wir die akquirierten Sachen und geniessen den schwachen Wind.

Sogar die Chefin (oder Büffedame?) kommt zu uns und wäre am liebsten geblieben, hätte sie drinn nicht ein dringendes (…..) Bedürfnis und noch andere Gäste.

Schön wars hier unten im «Tessin», gut gestärkt nehmen wir den Weg steil obsi, Richtung «Zentalschweiz».

Auf dem grossen Spielplaz tummeln die Kinder, es ist eine aufgeräumte aber chillige Stimmung.

Wir gehen nicht in den Degen, dem Restaurant aus Hünenberg im Zentrum des Geländes, dies behalten wir uns für einen anderen Besuch auf -Aber wir kommen bestimmt mal zum testen, versprochen.

Auf dem Weg ins «Östliche Mittelland (nid Züri Oberland)» hören wir ein lautes Stampfen- ist ächt das Sägewerk da am laufen?

Am Ort des Geschehens sehen wir, dass nicht das Sägewerk mit Wassermühlen in Betrieb ist, sondern die wasserradbetriebene Knochenstampfi. Da werden alte, jahrelang gelagerte Tierknochen mit Eisenstangen zu Mehl zertrümmert. Dies brauchten die Bauern meist als Dünger.

Es war sehr laut, und der Geschmack des Knochenmehls in der Luft recht unangenehm. Aber toll, durften wir das miterleben. Nach fünfzehn Minuten Betrieb wurde auch schon wieder abgestellt.

Wir gehen nach einem Bänkli-Päuseli gemütlich weiter und kommen nun zum eigentlichen Grund unseres Ausflugs:

Das Kalkbrennen.

Hier feuert man bereits den Feldofen seit zwei Tagen ein, und versucht die Temperatur auf konstant 850-1000 Grad zu halten.

Hier werden die Arbeiter und Wissbegierigen mit Essen und Getränken versorgt, ein Grill steht bereit, man kann da Würste oder Spiessli selber drauflegen, und hier herrscht, wenn man die Zeit und Musse dafür gefunden hat, eine Hand-in-Hand Atmosphäre. Jeder hilft dem Anderen, hilft und trägt zur erfolgreichen Kalkbrennen bei.

Wir müssen uns nochli zrächtfinden, es braucht seine Zeit, bis wir herausfinden, wie das Ganze organisiert ist, und wir die nötige Information kriegen können.

Eine Delegation aus dem Bündnerland zeigt uns, wie der Kalkverputz auf die Fassade aufgetragen wird. Sgraffitto wird ja im Engadin sehr gerne verwendet.

Wir begucken uns die verschiedensten Maltechniken, und staunen wie vielfältig er eingesetzt wird.

Nebenan macht ein Maurer mit Kalk, Sand und Steinen eine Mauer, kann man sich heute fast nicht mehr vorstellen, wie gut eigentlich dieser Baustoff ist. Denn er reguliert den Wasserdampfgehalt, weil er flexibel und durchlässig ist, so dass die Wände sozusagen atmen und schwitzen können

Es ist in der Herstellung und Verarbeitung halt einfach zeitaufwendiger, drum ist Zement und Beton das heutige präferierte Baumittel aus Stein (Den nachher benötigten Entfeuchter nach dem zu schnellen Einzug, den listet hier niemand auf…).

Dominik erklärt uns sehr gerne und gut, wie nun dieses Kalkbrennen abläuft, und man den benötigten Verbundsstoff gewinnt.

Ich probiere das mal zu erklären:

Damit Kalkstein formbar wird, muss er erst gebrannt, dann in Wasser aufgelöst (gelöscht) und mit in grossen Kalkwannen eingelagert (eingesumpft) werden. Dieser gesamte Prozess dauert mehrere Tage.

Die Kalksteine werden zuerst sorgfältig in den Kalkbrennofen geschichtet. Nach einer Aufheizphase deckt man den Ofen oben mit Lehm ab, um die Wärme zu halten. Die Brenntemperatur wird bis zur Weissglut auf ungefähr 1000°C erhöht. Nach dem Brennen (äben öppen vier Tage/Nächte nonstop) wird der Kalk aus dem Ofen genommen und «gelöscht» indem man ihn mit Wasser übergiesst.

Der gebrannte kalte Stein erhitzt das Wasser über den Siedepunkt (!) hinaus und wird in wenigen Minuten zu einer leuchtend weissen, jogurtartigen Masse.

Das hat uns Dominik anschaulich an einem kleinen Muster vorgeführt.

Wahnsinn- diese chemische Reaktion, hätts nicht geglaubt, wenn ich es nicht sälber gesehen hätte!

Jetzt ist der so gelöschte Kalk zum «Einsumpfen» bereit, das heisst, die «Teigmasse» wird in eine Kalkwanne gefüllt und lagert dort (bis Jahre) überdeckt von einer Wasserschicht, wegen dem Austrocknen.

Der bearbeitete Kalkstein (Sumpfkalk) dient als Mörtel bei Maurerarbeiten, als verdünnter Kalkbrei zum Verputzen der Wände und in der Landwirtschaft als Dünger (ungelöster Kalk). Der Sumpfkalk weist gute Eigenschaften auf bei Bauten.. Im Umgang mit historischer Bausubstanz ist heute der Einsatz von Sumpfkalk gefordert.

WAU!

Was für eine tolle Technik! Wir sind richtig hin und weg!!

Bereits ist die Kasse am Eingang geschlossen, um 17.00 Uhr ist ja hier normalerweise Feierabend. Hier beim Kalkbrennen läuft die Uhr aber 24 Stunden, und es läuft immer was.

Wir sehen dem Restaurantpersonal zu, wie es auf dem Heimweg hier sich noch ein Feierabendbier genehmigt, und auch sonst herrscht eine sehr friedliche, familiäre Stimmung.

Wir genehmigen uns einen frischen Salat to go, und gucken der Szene interessiert zu. Immer wieder muss Holz nachgelegt werden, sicher ein Klafter pro Tag. Neben uns setzt sich mit neuem Fleischnachschub das besagte neue Restaurant-Pächterpaar, und dies zeigt uns auch, dass sie mit Herzblut dabei sind, und nicht wie viele Wirte, Abends den Schlüssel an der Restauranttüre drehen, und nach Hause seklen, sondern hier auch noch mitessen, das ist auch ein Zeichen von Qualität und Wertschätzung was wir nun im Hinterkopf gespeichert haben, wenn wir das nächste Mal im Ballenberg an den verschiedenen Verpflegungsstätten verweilen wollen.

Hat uns auch beeindruckt.

Wir verlassen die Szene, aber das gemütliche Fest zieht sich ja noch zwei Tage weiter.

Als wir gemütlich am See und am Alten Bären vorbeispatzieren, kommt uns eine Idee.

Zwar sind alle Häuser zu, aber für einen Rundgang durch das Gelände reicht es alleweil.

Vorallem weil niemand- würkli niemand umen ist.

Wir schlendern gemütlich durch den Westteil des Ballenberg, und gehen sogar rauf ins Jura, zur Ziegelei. Hier hats mal geheissen, es würden Ziegel gebrannt, wir sehen aber keine Anzeichen davon, erst im Herbst ist hier Äggschen, wer weis, eventuell mit uns?

Geniessen die einmalige Atmosphäre trotzdem, alleine unterwegs zu sein.

Die Tiere sind meist in ihren Häusern, nur ein Paar Rösser und Kühe weiden friedlich auf der Wiese.

So schön!!

Wir passieren das neu erstellte Wegkreuz aus dem Sensegebiet, und verweilen immer wieder um diese einmalige Stimmung aufzusaugen.

Da! Es hat doch noch ein paar Leute, diese parlieren lautstark, und werfen einander all Schlötterli nach….

Ah, alles okey, das sind Laienschauspieler, welche für ein Ballenbergtheater proben, welches Coronabedingt auf kleineren Bühnen und an verschiedenen Orten aufgeführt werden.

So guet!!

Wir rasten im Waadtland, und picknicken das gekaufte Ballenberg -Käsemutschli, den Ballenberg-Knebel, und den Rest des Ballenberg-Brotes.

Und das im Ballenberg. Toll!

Es ist kurz vor neun Uhr abends -das Museum hat bereits seit vier Stunden zu-, als wir das Gelände verlassen, sehen auf dem Weg zum Eingang noch jede Menge munzigkleine herzige Fröschlis, welche uns über den Weg hüpfen. Kleiner als der kleine Fingernagel, sooo süess!!

Wir haben heute wieder einmal einen absoluten, fantastischen, äusserst lehrreichen, und vergnüglichen Tag mit vielen neuen und tollen Sachen erlebt.

Wir lieben das!

Sehr gerne würden wir dich auch mal daran teilhaben lassen.

Anfrage genügt.

Kategorien: Angeguckt

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