Das hier war dermassen einmalig, das muss ich hier festhalten.
Ich habe mit meinem besten Kollegen, langjährigem Freund und Trauzeugen vor längerem vereinbart, mal ins Militärmuseum nahe der deutschen Grenze in Full (Aargau) zu reisen. Dort solle es verschiedenste Fahrzeug-Exponate der Schweizer Armee (aber auch aus dem Ausland) haben, vorallem Fahrzeuge und Panzer. Ich bin beileibe kein Armeefreak, welcher am Wochenende im Tarnanzug auf schlammigen Feldern robbt, aber ich finde, es gehört gradsogut zu unserem Land wie ein fiktiver Willhelm Tell, oder das Matterhorn, sich auch mit Panzern und dem Militär zu beschäftigen.
Die Exponate sind meiner Meinung nach wichtige Zeitzeugen der Schweiz, und wenn nun auch jeder Pazifist aufschreien möge, und jedem Panzer verklärt ein Blüemli in den Lauf stecken möchte…. Es gehört trotzdem zu unserer Geschichte, wie Raclette oder Schoggi.
Ich hatte ja das «Privileg», selber in dieser Armee zu dienen, es waren schlussamänd doch 300 Diensttage, welche ich absolvierte. Eine günstige Kombination (ich war sehr schlecht bei der Aushebungspunktzahl, und es war warscheinlich ein gnädiger Aushebungsoffizier) fiel mir zu, und ich wurde als Motorradfahrer ausgehoben.
Yay! Toll! Ich war zu der Zeit eh nur auf meiner 125er Yamaha unterwegs, den Führerschein fürs Auto hatte ich noch lange nicht.
Ich wusste nicht genau, was auf mich zukam, als ich den Marschbefehl zur Rekrutenschule im nahen Schwyz bekam. Nur, dass ich den Start der RS im Sommer 1990 vorgezogen hatte, und deshalb etwa einen Monat früher aus der Lehre gehen konnte.
Da wiederum war ich heilfroh, denn wenn man vom Lehrbetrieb die Aussage kriegt: «Hätte nie gedacht, dass du die Prüfung schaffst», war es doch endlich an der Zeit, hier dem Betrieb den Rücken zu kehren, eine neue Ära beginnt nun für mich..
Die Zeit in Goldau war streng und geprägt von teils sinnbefreiten Befehlen, aber ich bekam den Ausweis für schwere Motorräder und es waren doch einige Rekognoszierungen (sprich Ausflüge) drunter, bis ins Tessin reichten die sogenannten Zugsschulen. Ich lernte mein Motorrad, die Condor A350 in- und auswendig kennen, und deren Besonderheiten naadisnaa zu akzeptieren.
Und die Wiederholungskurse alle Jahre absolvierte ich entweder im jurassischen Bure, im Hinterrhein, in Sursee oder gar auf der noch geheimen Bloodhound-Stellung in Menzingen.
Ich war bei einem Panzerbatallion eingeteilt, das hiess, ich musste damals Panzer eskortieren, wenn die von einem zum anderen Ort fahren mussten. Ich war für die Verkehrsregelung zuständig, und falls mal keine Verschiebung anstand, zur Erkundung eines Kommandopostens für die Stabskompanie.
Wir waren meist vorab und an Vorbereitungen involviert, sobald der restliche Hauptharst eintraf, und deren Schlammrobben durchführte, waren wir bereits weiter, an anderen Orten. Denn traditionell war der erste Kommandoposten «den Anforderungen nicht genug», «von Feindeshand eingenommen «, oder ähnlichem. Und «musste nach wenigen Stunden leider wieder aufgegeben worden»… Das Prozedere war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Also organisieren wir uns so, dass wir von Anfang an zwei mögliche Standorte eines Kommandopostens erkunden. Eines das recht gut war, und ein zweites, meist eine Zivilschutzanlage. Und preisen das mindere als geeigneten Ort dem Kommandanten an. Er lies nach einem kurzen Augenschein seine Kompanie den Posten da einrichten.
Da wir den ersten Standort (zuverlässig in der ersten Nacht um 03.00 Uhr) alarmmässig verliessen mussten aus irgendwelchen erwähnten fiktiven Gründen, wurden wir Moträdler in aller Herrgottsfrühe auf die Suche nach einem «neuen» Kommandoposten in die kalte Welt hinaus geschickt.
Als ob schon irgend ein Bauer wach oder das Gemeindehaus schon offen hätte, um uns geeignete Objekte zu begucken zu lassen.
Manch einem Kadi verklärte da ab der supponierten Kriegsführung der Sinn für die Realität.
So schwärmen wir aus, organisieren für uns Töffahrer Frühstück und warme Getränke (unser Küsche war natürlich noch in den Federn, die Mannschaft wurde erst um 05.00 Uhr aufgescheucht). So hatten wir auch was davon.
So kommt es, dass wir bei Sonnenaufgang mit unserem zweiten Kp (wie gesagt meist eine ZSA) inklusive Standortskizze und Kontaktinformationen vor dem Kadi stehen, und wir für unsere Einsatz gelobt wurden, sobald der neue Kommandoposten dann bezogen wurde. Da blieb man meist die restliche Zeit, und wir konnten wieder unseren Rekognoszierungen widmen. Wenn man das Schema mal entdeckt hat, war es enorm hilfreich, so vorbereitet zu sein. Auch haben wir die Zeichnungen und Kontakte über die ganze Dienstzeit behalten, falls man in einem nächsten Dienst wieder in der Nähe sein sollte, konnte man die Pläne wieder hervorkramen. Ich habe meine zahlreichen Aufzeichnungen (Krokis) am Ende meiner Dienstzeit an einen Motrdf weitergegeben, die Ziele sind ja immer noch gleich, die Räume sind ja etwa immer die selben.
Mein Ziel, im Militär den Ausweis für schwere Motorräder zu erlangen und als Soldat abzugeben, war erreicht.
Ja.
Mittlerweile sind wir zwei am Zielort angekommen, kramen das Zertifikat sowie den Personalausweis hervor, denn ohne das kein Eintritt. Maskenpflicht gabs keine.
Wir staunen ab der Grösse der Halle, riesig hoch und mit lauter Fahrzeugen bestückt.
Zu Beginn gleich das Highlight: Ein Panzer namens Königstiger -laut Kollegen noch eines der letzten intakten Exemplaren auf der Welt- Scho no speziell. Ein deutscher Panzer, in Frankreich zurückgelassen, und dann bei den Schweizern als Bergungsfahrzeug im Einsatz.
Wir gehen auf den Rundgang und benutzen dafür den Warenaufzugslift, welcher uns ins oberste Stockwerk befördert. Hier hat die Waffenfirma Oerlikon eine komplette Sammlung verschiedenster Munition und deren teils abenteuerlichen Abschusskanonen gespendet. Zum Teil noch mit Schulterpolster und Zielvisier. Da tut die Schulter schon weh nur vom betrachten…
Ich hatte einen sehr kompetenten Führer, meine Begleitung wusste durch sein Interesse an den verschiedenen Waffen und Fahrzeugen enorm viel, für mich die beste Führung ever. Er wusste zu jedem Objekt würkli sehr interessante Fakten.
Wir lassen uns Zeit, gucken uns die Geräte genau an, und ich bekam immer wieder ganz interessante Infos zugesteckt.
Dafür kann ich brillieren, als meine geliebten Motorräder säuberlich aufgereiht auf einer Plattform präsentiert wurden. So konnte ich als Fachperson verzellen, für was die Feststellschraube am Lenker war, und wie man die Zündung auch mit Sackmesser starten kann.
Wir waren als «Bundesrocker» eh chli speziell, uns hat mal ein Divisionär am Schlussrapport als «wüeschti Cheibe, aber zuverlässig » bezeichnet, ähnlich einem wilden Gemälde im Restaurant zur Schlacht in Sempach, smile.
Das Museum ist extrem vielfältig, und durch verschiedene Ebenen gut thematisiert. Wir stöfern um Panzer, können sogar noch in einen rein, und ich hatte immer mein wandelndes Lexikon dabei.
Perfekt!
Wieder unten angekommen ist es Zeit für einen Zwipf (Zwischenverpflegung), wir betreten die authentische gemachte Kantine und genehmigen uns heisse Rauchwürstli mit Brot.
Im Shop dann sehr viele Bücher/Abzeichen und alte Waren aus Zeughausbeständen. Extrem vielfältig und man muss auch hier Zeit und Lust und Musse haben, sonst ist der Besuch umesuscht.
Wir akquirieren Bisquits/Of-Schoggi. Das länget.
Nun treten wir ins Freie und spazieren in die andere Halle rüber, da stehen schön präsentiert nochmal sicher 100 Panzer/ Transporter/ein Boot und ein paar Töffs. Hier hat’s eine ganz eigene Abteilung Panzer russischen Ursprungs, auch mal interessant.
Sonderbare französische Modelle, welche man im Vorwärts/- und Rückwärtsgang durch zwei verschiedene Luken steuern konnte. Böse Zungen bezeichnen die pragmatisch für Frankreich, welche doch gerne kapitulierten.
Wir stehen vor dem Leo2, dem grossen Panzer, den ich nur allzugut kenne. Also nicht als Besatzung in der Konservendose drin, sondern äbe als Eskorte. Wenn mal wieder von Chur zum Hinterrhein rauf verschoben werden musste, konnte es schon sein, dass du plötzlich in den Lauf eines söttigen Panzer geguckt hast, und dich hinter dem Steuer deines Autos verkrochen hast. Meist namen wir dafür -man stelle sich das heute vor- die Autobahn, der Schaden an Land und Umwelt war erheblich kleiner, als wenn man durch Quartierstrassen die Gartenzäune und Tujahecken mit der Panzerraupe ummähte.
Wir waren immer dicht an den Panzern, um im Windschatten zu fahren- denn es war meist bitter kalt. So kam aus dem Auspuff des Panzers immer warme Luft. Das wir am Abend wie Kohlenarbeiter aussahen, gehörte zu unserem rauhen Image. Wenn man denkt, unsere Arbeitskleidung war nur der Panzeroverall, ein dünner Fetzen Stoff. Mit der Zeit hatten wir dann private Knieschoner innen montiert, oder ganze Zeitungen vor die Brust gestopft, um wenigstens da nicht zu frieren. Heutzutage gibt es eine gute Motorradbekleidung.
Wie wir von der Aufsicht erfahren, sind nicht nur fast alle Fahrzeuge fahrtüchtig/ einsatzbereit, sondern auch immatrikuliert, um bei einem Ernstfall der Schweizer Landesverteidigung zu dienen… Verrückt.
Es ist grandios, was hier an unentgeltlichen Reparaturarbeiten geleistet wird, und uns wird mitgeteilt, dass man grad nochmals so eine Halle mit Panzern füllen könnte, die stehen momentan noch in der Werkstatt, oder halt an der freien Luft.
Wie gesagt, ich will den Krieg und die Armee auf keinen Fall verherrlichen, aber dies hier sind wichtige Zeitzeugen, welche sich jeder interessierte Mensch anschauen soll, und sich vielleicht auch Gedanken dazu macht, dass die Panzer noch keine 100 Jahre alt sind.
Ich hatte einen perfekten Führer durch die Ausstellung- man fragt sich, WER von uns beiden den nun in der Armee war- habe unheimlich viel erfahren über Kanonen, Haubitzen, deren Geschosse, und die Vielfalt der verschiedenen Panzer.
Es werden monatlich Vorführungen gezeigt, und mittels Simulator kann auch das eine oder andere Modell virtuell gefahren werden.
Es lohnt sich- wenn man offen für Geschichte ist, und die Zeit dafür mitbringt.
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