Was liegt besser, als an einem stürmischen und regnerischen Tag was anzugucken, was auch WindundWetter von uns weg hält? Wellnessen/Bakterienschwadern liegt uns nicht so- das Geschmüsel und Gefummel in Badehosen- ich frag mich echt, wer söttigs befriedigt. Grusig, so was.
Es soll was Interessantes sein, was zum Entdecken, was zum Stöbern, was zum Unterhalten. Nicht zu weit von Zuhause, Drinnen (weils gar arg chuutet und stürmt), was wo wir’s Tempo selber bestimmen können, und es eventuell sogar einen Kafi gitt.
Chli vill, sagst du?
Chli aaspruchsvoll?
Chli unmöglich, all das unter einen Huet zu bringen?
Tz, tz, tz- Wieso denn?
Unser Tagesanguckziel hat all unsere Erwartungen erfüllt, nein – bei weitem übertroffen. Soviel zur Einleitung.
Das Seetal- uns trennt nur der Hügelzug des Lindenberges- ist ein liebliches Tal, idyllisch gelegen zwischen Hochdorf und Lenzburg. Zwei Seen und viel Grün behalten diese Gegend noch so, wie man es sich gerne vorstellt. So beliebt es heute ist, hier Häuser aufzustellen, so säumten vor Jahrhunderten unzählige Burgen und Schlösser das Tal. Hallwil, Lenzburg seien hier nur als bekannteste Bauten aufgelistet.
So ist auch das Schloss Heidegg, über dem Baldeggersee, herrlich und anmutig auf einem Hügel. Und genau dieses fahren wir an. Keine dreissig Minuten von zuhause eröffnet uns sich eine Pracht- Hätten wir ächt nie erwartet.
Dazu muss man sagen, dass die Schweiz viele Burgen und Schlösser besitzt, mehr oder weniger bewohnt. Vergleiche mit grossartigen Schlössern wie Fontainbleau, Chambord oder gar Versailles sind hier falsch. Schlösser sind hier eher zweckmässig eingerichtet, ein Lustschloss wie Neuschwanstein zu bauen, das wäre hier keinem in den Sinn gekommen. Eher baute man Holzhäuser und staffierte diese mit französischem Pomp aus, wie zum Beispiel der Zurlaubenhof in Zug, als sich ein Schloss à la Louis XV anzuschaffen. Hat ja auch keine Könige hier – emel nicht im klassischen Sinn wie England, Schweden oder Thailand. So sind Besuche in Schweizer Schlösser halt einfach gehalten- aber nicht minder intressant.
Im Wohnturm werden wir in den Keller geleitet- Eine Tonbildschau wartet auf uns- Sehr gut gemacht, und macht uns mal mit den Besitzverhältnissen und den ehemaligen Burgherren/damen vertraut. Cool, unterhaltsam und kurzweilig führt der Hund uns durch die Jahrhunderte. Sogar die Kinder, welche sich mit uns im Raum befinden, lauschen intressiert und sind mucksmäuschenstill.
In den oberen Geschossen zeigt uns der heutige Eigentümer (Doch noch der Kanton Luzern), wie hier gelebt wurde, das Mobiliar wurde teilweise sogar zurückgekauft. Wir kennen das mit den Möbeln, Château Chambord ist auch möbelleer.
Aber nicht zuviel, ein paar Stühle, ein Tisch. Man merkt, das Geld war schon da, aber einem Vaux-le-Vicomte kann man hier unmöglich das Wasser reichen. Nichtsdestotrotz ist es herrlich, in den Räumen zu stöbern, und auch aus den Butzenscheiben übers Tal zu ginöffeln. Die Burg Zug kommt mir als Vergleich in den Sinn. Und der Mensch will ja Vergleichen.
Was wirklich cool ist, und auch uns Kinderlose begeistert ist, wieviel Spielzeug für die Kleinen hier im Schloss zum Spielen parat ist. Man kann gemeinsam das Schloss als Modell bauen. Auf dem Tisch zeichnen, sich verkleiden, als Bauherr Schaumstoff Quader zu einem Torbogen aufbauen. Hörspiele hören, zeichnen, malen… und zuoberst im Dachstuhl der absolute Hammer: Da darf auf Teppich gefläzt werden, in Leseecken eingekuschelt werden, Hütten aus Schaumstoff gebaut- Kissenschlachten veranstaltet und als absolute Ober-SuperHyper-Attraktion eine riesige Chugelibahn bestaunt werden. Sie ist beleuchtet und begehbar. Und überall hatts Rädchen- Hier wär ich echt gerne wieder klein. Schön, paradiesisch wirklich kurzweilig.
So staunen wir, wie elegant, wie einfach schnörkelig, wie wehrhaft und mit Bedacht hier gewohnt und gelebt wurde.
Die letzten beiden Erben, ein Geschwisterpaar habens meines Erachtens richtig gemacht: Sie schenken das Schloss mit Umschwung dem Kanton, erhalten aber das Wohnrecht und eine Rente. Da waren die zwei Frauen, welche keine Nachkommen hatten sehr fortschrittlich, und dies so kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Da können wir uns noch eine gute Scheibe davon abschneiden.
Zufrieden tuckern wir nach einem Kafi und Pfaffenhüetli über den Lindenberg wieder nach Hause.
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