Im tiefen Herbst ist es bei mir Zuhause zringseltum halt schon so, dass wir unten im Flachland meist unter der dicken Nebeldecke hängen, und dies gleich tagelang für triste Stimmung sorgt.

Heute war mal wieder einer dieser Tage, wo wir wissen, Sonne gibts für uns hier unten ganz sicher keine mehr. Da längt auch unser Adlerhorst nüm, um obernaus zu schweben.

Wir haben kürzlich einen alten Sessel und ein paar Sofabezüge bei zwei Anbietern im Auktionshaus ersteigert. Den Sessel will mein Liebster neu überziehen, die Sofabezüge wären als Schnittmuster für andere Bezüge gedacht. Meist sind die zwar sehr praktisch wechselbaren und waschbaren Bezüge in guter Qualität, aber in schreklichen Farben oder unmöglich bedruckt. Wir sprechen hier von einem Sofa aus dem schwedischen Möbelhaus mit dem Elch.

Da meine bessere Hälfte nun selber schöne Bezüge nähen will, braucht er dazu eine Vorlage, welche er dann auftrennen und den Schnitt abnehmen kann.

Beide Auktionäre wohnen in der schönen Stadt Bern, keine Viertelstunde auseinander. Also legen wir die Fahrt auf einen freien Tag und organisieren so die Abholung der beiden ersteigerten Kostbarkeiten.

Kein Problem, die Sachen werden abholbereit deponiert. Also sind wir frei im Zeitplan, toll.

Wir hoffen, an einem söttigen Nebeltag wenigstens Richtung Bern chli Sonne zu erhaschen, denn wir in der Innerschweiz sind schon recht berüchtigt für unsere Nebelsuppe.

Leider war auch Bern im Nebel verhüllt, und die Fahrt zur Bundeshauptstadt kam uns drum auch endlos lange vor.

Wie versprochen stand der hüpsche Stuhl im Treppenhaus, er ist noch intakt und ausgenommen der üblen Kordelzöpfchen im grässlichen Braun plus der dahintergehängte Unterrock auch noch recht hüpsch und erstaunlicherweise bequem. Wir deponieren das Geld und ein Kägifret als Dankeschön im Briefkasten, Posten Eins war erledigt, und der Stuhl im Auto.

Den zweiten Ort erreichen wir durch’s Botschaftsviertel, hier patrouillieren bewaffnete Sicherheitskräfte um die Häuser. Ein elend langweiliger Job.

Die Adresse führt uns zu einem wahnsinnig schönen Quartier, alles ältere Häuser, schön zwäggemacht, naturbelassen, leicht alternativ- und megaruhig. Also hier würden wir auch gerne wohnen. Jedes Haus hat einen Garten, jedes Haus ist ein Individuum, ein eigenes Reich, ein eigener Mikrokosmos. Mega.

Hier holen wir die deponierten Bezüge-brauchen würden wir einen, bekommen tun wir fünf- und auch hier hinterlassen wir einen Brief mit chli Geld und einem Kägifret.

So. Die Handel sind vollzogen, jetzt sind wir für den Rest des Tages frei. Und es ist nicht mal Mittag.

Leider hat’s auch hier nur Nebel, wir sehen nur das Bundeshaus füregüxlen, der Spitz des Berner Münster verschwindet im Nebel.

Soo schad.

Wir tuckern weiter Richtung Thun, auf der Suche nach bitz Sonne. Keine Chance, grad weil hier doch noch zwei Seen sind…

Henu, wir latschen durch zwei Einkaufstempel, macht uns aber nur bedingt Spass.

Am linken Thunersee rasten wir auf einem Bänkli, breiten die Picknickdecke aus, und schauen zum nebelverhangenen See. Ohne Nebel wäre dies so ein richtig wunderschöner Platz gewesen, mit Nebel ist er nur noch halb so schön. Egal- wir geniessen unser Picknick. Lassen wir uns doch nicht den Tag vermiesen, ha!

Richtung Interlaken dann tut sich aber doch was, die Sonne drückt bitz…

Wir shoppen noch meinen schon lange ersehnten Blinki-Weihnachts-Kranz und sonstigen Chram in einer Scheune. Der Shop ist eine Mischung aus Brocki/Ottos/Chinaladen. Billigstramsch zu teuer verkauft. Aber egal, das geordnete Chaos in dieser Scheune tut grad gut gegen den sterilen Mediamarkt.

Als wir wieder raustreten, ist der Nebel weg, wir sehen viele Fallschirmflieger, und die Bergkette links und rechts ragt imposant und sehr nah auf.

Aah! Sonne! Was haben wir dich vermisst!

Herrlich warm und mit wenig Leuten im Ort crusen wir durch Interlaken Ost/West/Ost/wasauchimmer… Herrlich! Wir geniessen das dringendst benötigte Vitamin D und sind häppy, hier rauf gefahren zu sein.

Mit Genuss und wunderschöner nebelfreier Aussicht fahren wir gemütlich am linken Brienzerseeufer weiter.

Wir wissen, irgendeinmal hört die Strasse auf, ganz umrunden lässt sich der See nur auf der Autobahn. Aber wir fahren mal weiter auf der wunderschönen Uferstrasse, bis wir das Dorf Iseltwald erreichen.

Ein wild platzierter Haufen Chalethäuser und eine Art Schloss am Ende der Landzunge erwartet uns. Also den Hubi abgestellt und auf Entdeckungsreise durchs ziemlich holzige, ballenbergige Dorf. Überall hats schöne Gärten und wunderschöne Wiesen am See, mit Pergola, Feuerstellen, Sitzgelegenheiten. Hier wird noch gelebt, es ist trotz der Chalet-Postkarten-Idylle irgendwie lebendig.

Das Dorf ist sehr verschachtelt, aber doch noch relativ hüpsch. Zuausserst an der Landzunge ein Schloss genanntes grosses Haus. Leider ist der Zugang zum Anwesen gesperrt. Wären gerne hier rein, und würden gerne die Räumlichkeiten begucken. Das 1907 als südländische Villa anstatt dem Hotel Belvedere erbaute Gebäude wurde seit 1927 vom Diakonieverband Ländli (aus Oberägeri!) erst als Handels-und Haushaltungsschule für junge Mädchen, dann ab 1987 als Heim für Menschen mit Handicap betrieben.

Seit 2015 steht das Haus leer und zum Verkauf, und Gerüchten nach ging die Villa und Boden (inklusive dem dazugehörigen Schnäggeinseli) in Besitz von Herr K. Bekannt ist dieser für seine Restaurantkette Hooters. Wie die Villa und die Insel dazupassen sollen, und weshalb der Diakonieverband ausgerechnet an ihn verkauft, darüber darf nun wild spekuliert werden.

Eventuell sieht oder hört man wieder von dieser Perle am Brienzersee.

Wär zu schade, dies verfallen zu lassen.

Wir spazieren der Bucht entlang und die Sonne beschert uns und einer Handvoll Touristen (mit Chocolat-Aeschbach-Taschen) wunderschöne Fotos.

Herrlich, wir geniessen es extrem, friedlich, ruhig und herbstlich farbig zeigt ins dieses Dorf sein Gesicht.

Als die Sonne langsam hinter den nahen Bergen untergeht, folgen wir der Autobahn Richtung Brünig. In Brienz tauchen wir kurz in den Nebel ein, aber bald schon sind wir wieder drüber. Herrliche Aussicht übers Haslital, der schwache Nebel sieht am Talboden wie Rauhreif aus, toll.

Der Pass ist schnell erklommen, die Sonne scheint warm. Auf der Obwaldner Seite der Passtrasse gibt es einen Parkplatz mit Panoramablick über den Lungernsee bis Pilatus und Lopper. Und heute liegt hier im Tal ein Nebelmeer- kitschig wie gemalt. Klar halten wir hier und föttelen wie viele andere mit dem Handy.

Ist ja auch was ganz besonderes. Die Bergspitzen erstrahlen in der Sonne, das Nebelmeer liegt wie Watte im Tal!

Fantastisch!

Keine hundert Meter weiter, verschluckt uns diese Nebeldecke, und wir sind im trostlosen Grau zurück, welches uns bis nach Hause begleitet.

Es hat dermassen gut getan, den Kopf an die Sonne zu halten, und zu geniessen. So kann auch eine an für sich unattraktive Reise zu einem wunderschönen Ausflug werden…!

Kategorien: Angeguckt

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