Durch meinen erlernten Beruf als Bogenoffsetdrucker (heute Drucktechnologe) kam ich schon früh mit der Berufsgattung der Grafiker in Berührung. Diese meist schrägen und sehr pinggeligen, leicht alternativ angehauchten Zeitgenossen, und einer überhaupt nicht passenden unförmigen Brille mit farbiger dicker Hornfassung (die sogenannte Grafiker-Fuzzi-Brille), kamen in der Druckerei immer wieder zur «Gut-zum-Druck» Abnahme. Ich hab‘ oft diese Leute verflucht an der nie endend wollenden Druckabnahme. Immer war das Grün zu wenig lebendig, das Hellblau zu wolkig, das Gold hatte zuwenig Tiefe… (??) Und die Designs, die Logos bringt jeden einigermassen vernünftig und praktisch denkenden Drucker doch zur Verzweiflung. Das bringt man doch nicht anständig auf ein Briefpapier, eine Visitenkarte oder ein Couvert?! Es waren immer sogenannte Drittfarben, und eine Nachproduktion konnte nie gleichfarbig reproduziert werden, weil man den verd…. Farbton beim besten Willen nicht wieder zu 100% gleich zustande bringt (Damals mischte man die Farben noch von Hand). Durch diese leicht nervige und zeitraubende Art (es sind ja selbsternannte Künstler, und es müssen alle ihre Arbeit loben), durch gar nichts zufrieden zu stellen. Klar war ich nur der Ausführende, der das gewünschte Sujet (ihr Gedankengut) zu Papier zu bringen hat. Aber es kam meist nicht so, wie der Grafiker sich das in seinem Gehirn vorstellte, und wem gab er die Schuld?
Ebe.
Die waren für mich echt schlimmer als die Schriftsetzer (Typografen), welche ja auch immer meinten, was Besseres zu sein, dabei reihelen sie ja nur Buchstaben aneinander – Emu früener- heute macht das der Computer ja auch noch selber.
Ich mag mich nur noch erinnern an die Berufsschule, die Grafische Fachschule Aarau, an denen den Lehrlingen Drucker und Schriftsetzer berufsbegleitend das nötige Fachwissen unterrichtet wurde. Es war wie eine Kluft zwischen den beiden Berufsgruppen, welche ja eigentlich ursprünglich aus demselben Beruf sich entflechteten. Sicher war es auch ein Grund, dass der Schriftsetzer bei Mädchen sehr beliebt war, und der Drucker bei den Buben. Es gab nur vereinzelt Mädchen in unserer Klasse (liebe Grüsse nach Sulz im schönen Fricktal), wie es auch nur vereinzelt Buben als Schriftsetzer gab. Also war da schon einiges an Konfliktpotential umen. «Wir» waren eher die Ruuchen, Grobchlötzigen, mit Trauerrändern unter den Fingernägeln, während sich die Schriftsetzer mit bunten Ohrringen und hübschen Blüschen rausgeputzt haben. Die waren was Besseres, aber eigentlich genauso wenig kreativ wie wir Drucker. Halt eben Buchstaben aneinanderreihelen, dafür brauchst schon pinke und verlängerte Fingernägel, jahaa.
In den heiligen Hallen der Fachschule waren auch immer Plakate im Weltformat ausgestellt, welche an Gestaltungswettbewerben gewannen, oder für ganz besonders gut gelungen prämiert wurden. Wir begutachteten eher die Druckfarben, die Passerschwierigkeiten, wie eine «Punzenweite» das «Schriftbild» oder die Gestaltung des Plakates.
Eines dieser Plakate blieb mir noch gut in Erinnerung: Stand doch da in einer kurligen, verzogenen Schrift nur ein einzelner Satz:
Typographie kann unter Umständen Kunst sein…
Was für eine abstruse, komische Aussage, wie sinnbefreit der Satz. Aber genau so war der Gedankengang dieser Möchtegernekünstler. Ich hatte es ja eigentlich gut mit dieser Berufsgattung, fühlte mich nie bedroht durch ihre Aussagen (ich wusste, dass ich mehr wie Buchstabenaneinanderreihelen kann), und lies sie in ihrer Wolke schweben- ich hatte andere Probleme, wenn der PH-Wert des Wasser wiedermal ins alkalische rüberkippte, oder der Abklatsch auf der Rückseite der Briefblätter meine ganze Arbeit zu nichte machte… Aber diesen Satz konnte, durfte und wollte ich nicht so auf mich beruhen lassen. Trotzdem war ich anständig genug, und das «Meisterwerk» nicht zu zerstören, und so schrieb ich auf ein A5 Häuselpapier in grosser, säuberlicher Schift folgende Ergänzung:
… Drucken IST eine Kunst!
Und schob das Blatt unter das Glas vor das Plakat.
Keine Stunde später war mein Einschub weg, und ich hab ihn aus Trotz nochmals geschrieben. Auch dieser wurde -von wem auch immer- umgehend in der nächsten Pause entfernt. So bewies es mir, das es mit Humor in diesem Beruf auch nicht weit sei, aber ich liess die Sache auf mich beruhen.
Der Grafiker lieferte seine Entwürfe an den Buchstabenaneinanderreiheler, und dieser brachte ihn auf den Computer und ich dann zu Papier. Somit war das Kreative eher dem Grafiker zuzuteilen, wobei ich eben sehr in den Raum stelle, wie kreativ kreativ sein kann.
Nun gut. Die Vorbelastung hatte ich.
Das wäre kein Beruf für mich, kreativ ist eben nicht kreativ.
Nach der Lehre nahm ich Abstand vom Beruf, mein Lehrmeister hat mir die vier Jahre echt schwer gemacht, aber mein Grind gab nicht zu, ihm die Genugtuung zu geben, dass ich gescheitert sei.
Erst später, nach einem Exkurs ins Gesundheitswesen (Schwesternhelfer, hihi), wo ich eine Ausbildung als Ergotherapeut anstrebte, aber nicht an die Schule zugelassen wurde, und der Arbeit als Chocolatier in einer Schoggifabrik kam ich wieder ins Druckgewerbe zurück. Diese Zeit als Flexodrucker und auch die Zeit im Tessin möchte ich heute nüm missen, die hat mich sicher bestärkt, und weitergebracht. Und seit dem Wechsel ins Büro als Sachbearbeiter AVOR, Planung, Einkauf hatte ich eh nüm den Kontakt mit Grafikern, ist ja auch nicht schlimm. Gar nicht.
Ab und zu sehe ich mir Arbeiten eines Grafikers an, halt eben mit der Vorbelastung, dass die in den Buchstaben Tiere/ Pflanzen oder ganze Kontinente sehen konnten.
Wenn es um die Gestaltung eines Firmenlogos ging, war das schon wieder ganz anders- Denn dies bedarf einiger Kunstfertigkeit, und es sollte ja Generationen überleben, und der Betrachter sollte mit einem Blick das Unternehmen erkennen können.
Beispiel gefällig: Dieses Logo ist doch allen ein Begriff, Der Aargauer Grafiker Hans Hartmann stand hier 1972 Pate und entwarf das noch heutige Logo der Schweizerischen Bundesbahnen. Sowas bleibt in den Köpfen und hat grossen Wiedererkennungswert.
Wenn wir das schweizweit nun auf Kantonsebene unterbrechen, haben auch wir in Zug einige Grafiker, welche sich sozusagen verewigt haben. Einem dieser Künstler sind wir diesmal auf der Spur.
Uns hiesigen sagt der Name Walter F. Haettenschweiler vielleicht noch was, aber überdies hinaus ist er nicht bekannt, ausser dir sei mal aufgefallen dass Microsoft die in den 50er Jahren entworfene Schriftkreation «schmalfette Grotesk» als «Haettenschweiler» in ihre Systemschriftauswahl (Arial/Courier, etc…) aufnahm.
Ist es? Nein? Okey.
Dieser, «Haetti» genannte Grafiker lebte von 1933 bis 2014 in Zug, und hatte in den bunten 60er bis 80er Jahren unzählige Schriften, Schriftzüge, Bilder und Logos entworfen. Er war ein Mensch mit ganz klaren Formen, welche aber auch immer wieder eine kleine Spielerei zulies. Dies wiederum fasziniert mich. Man sieht es dem Logo an, ob es für eine Baufirma eine Tierfutterfabrik ,ein Hotel/Restaurant oder eine Konditorei gemacht wurde. Und genau diese Einfachheit, diese Klarheit fasziniert. Ungemein.
Er wäre heuer 90 Jahre alt geworden, und die Stadt Zug organisiert im Frühsommer eine Art Begehung, in der die heute noch vorhandenen Wandmalereien/Logos in der Stadt und sein Atelier hinter der alten Post gezeigt werden. Wir schauen mal, ob wir an so einer Begehung dabei sein werden, vorallem weil man sie individuell gehen kann, und nicht mit der Masse mitgetrieben wird.
Vorab packen wir die Gelegenheit, und gehen an eine Ausstellung, welche man über ihn machte. Im ehemaligen Toni Areal in Zürich (Ja- Das (Yoghurt) im Glas) zeigte man das kompletteste Wertschaffen von ihm, und wir sind froh, da ein Auge hineingeworfen zu haben. Bereits die Logowand vor der Ausstellung lässt uns verweilen, das einte oder andere Firmenlogo ist heute noch in Gebrauch.
Haettenschweiler entwarf sehr viele Schriften, Logos und war auch mitverantwortlich an den legendären «Lettera-Büchern», in welchen er die Schriften fein aufgeführt dem interessierten Publikum (immerhin 100’000 Exemplare und in 60 Ländern verkauft) unterbreiten konnte. Weil es zu der Zeit kaum Sammlungen von Schriften gab, diese noch mühsam abgepaust wurden oder es nur einzelne Buchstaben gab, realisierte Haettenschweiler den Bildband. Es sollte eine Mustersammlung werden, die eigene Werke, aber auch Schriften aus der ganzen Welt enthielt. Er steuerte 37 Schriftalphabete, 53 Redesigns in vier Bänden bei, und obwohl das während 20 Jahren herausgegebene Schriftbildernachschlagewerk bald in Vergessenheit ging, waren sie für die graphische Industrie damals ein nicht zu verachtendes Nachschlagewerk. Und er versuchte immer, dem Kunden mit der ihm aufgetragenen Entwürfen zu gefallen, und nicht seinen unverkennbaren Stil reinzubringen. Viele seiner Werke erkannte man gar nicht als seine. Aber dies war seine Absicht. Und trotzdem grad drum sein Stil.
Er war in seiner Zeit sicherlich der produktivste Designer von Titel und Plakatschriften, und dass wir heute noch von ihm gestaltete Zeichnungen/Bilder und Logos sehen, darf in unser schnelllebigen Zeit doch als sehr beachtenswerte Leistung angesehen werden.
Ein ungewohntes Laudatio aus meiner Feder an einen Grafiker?
Nun, man darf ja auch mal über den eigenen Tellerrand rausgucken, und wertschätzen, wenn’s was zu wertschätzen gibt.
Und falls du mal in Steinhausen an einem eisernen, eckigen Löwen vor dem Restaurant vorbeifährst- Auch dies ist ein Werk von ihm!
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