Ein Schloss angucken- ein richtiges Schloss, kein «Schweizer Schloss»- das wäre doch noch was, was wir auf unserer Todo-Liste immer wieder gerne machen. Seit wir in England/Schottland die eher förmlichen, in Italien die fröhlichen und in Frankreich die bombastischen Schlösser besucht hatten, sind wir mit dem Begriff Schloss in der Schweiz sehr zurückhaltend. Ein Schloss muss Kronleuchter/Brokat/Spiegel und jede Menge Zimmer haben. Hier in der Schweiz gibts höchstens eine Handvoll Schlösser, welche von unserer Seite diese Kriterien erfüllen und das Prädikat Schloss verdienen. Alles andere sind Burgen. Nichts gegen Burgen. Die sind auch toll. Aber Schloss bleibt Schloss.

Also weichen wir aufs Ausland aus. Heute gehts zu einem speziellen Schloss, dem Neuen Schloss Meersburg.

Aber hier hat nie ein König gewohnt, hier war ab 1750 bis 1803 die Residenz der Fürstbischöfe von Konstanz. Verrückt was sich die katholische Kirche hier hingepflanzt hat, ein wunderschöner Barockbau mit fantastischer Aussicht. Man fragt sich, woher wohl das Geld kam, und es ächt nicht andersweitig besser aufgehoben gewesen wäre…

Egal- wir nehmen es als Ziel, am heutigen Dienstag wird der Publikumsaufmarsch wohl bescheiden sein- Die Bodenseeregion ist erfahrungsgemäss exzessiv overfilled an Wochenenden. Ist schlimmer wie der Vergnügungspark an Feiertagen in Rust.

So tuckern wir gemütlich über Schaffhausen-Thayngen-Singen-Stockach-Überlingen nach Meersburg.

Stellen dort unseren Hubi ins Parkhaus und schlendern gemütlich Richtung Unterstadt.

Hier hat es aber sehr viele Leute. Hunderte, taussende, was weiss ich!

Was ist denn hier los? Wo kommen denn alle Leute her? Das ist ja schlimmer wie an einem Samstag Nachmittag im Einkaufszentrum! Es herrscht ein immenses Gewühl, wo kommt ihr um diese Zeit an einem Wochentag nur bloss her?

Viele der schon leicht angegrauten, oder getönten reifen Touristen haben den gleichen Kleiderstil. Buntes Blüschen oder Hemd. Uni Cargohosen und ON-Schuhe. Ein Rucksäckchen oder Bauchtasche inklusive Sonnenhut und billiger Sonnenbrille gehört dazu. Dann gibts noch die, welche mit dem Velo hierhin kommen, die enge Radlerhose und das schrill leuchtende Renndress verursacht fast Augenkrebs. Wie Enten, die sobald sie auf dem Land laufen, sehr ungeschickt watscheln. (Also ich würd mich in dem Outfit sowas von schämen!) Und sie fallen wie Heuschrecken über das doch hübsche Städtchen am Bodensee.

Es wär echt noch ein hübscher Flecken, die Unterstadt mit den Gassen und der Restaurantmeile am See. Und der Oberstadt mit Kirche, Rathaus, Burg und Schloss. Die Häuser sind sehr bunt, fast wie aus einem Comic, es ist adrett und sehr sauber. Man könnte es fast geniessen, wenn eben da dieser unerklärliche Pulk nicht wäre. Eine Blaskapelle spielt Tiroler Lieder, und die ganze Gesellschaft grölt mit. Nun kann ich es mir vorstellen, was am Ballermann in Mallorca amix abgeht! Madonnamia! Fremdschämen hoch zehn.

Wir flüchten vor dieser sauglatten Bespassung zur Treppe hinauf und Richtung Schloss. Hier hat es weniger Leute, wir können durchatmen. Sind es einfach nicht gewohnt, im Pulk zu stehen. Ist auch unvorstellbar, wie das Gewusel an Wochenenden oder in den Sommerferien sein wird hier…

Ohnonononono!

Im neuen Schloss dann die wohltuende Leere an Leuten. Vorgängig habe ich die Rezessionen im Internet über diesen Bau gelesen und finde überhaupt nicht «ist überteuert», «nichts Schönes» «langweilig und öd». Wir staunen ob dem Prunk und den schönen Zimmern, wo die Bischöfe gelebt haben. Die Zimmer sind sehr schön und die Stukkaturen sind noch Original. Ein Guide erzählt aus seinem persönlichen Nähkästchen, und wir sind vielleicht fünf bis zehn Leute im Gebäude. Dies lässt uns vergessen, was für ein Aufmarsch unten in der Unterstadt herrscht, und wir geniessen den Aufenthalt hier an der Bischofsresidenz sehr.

Immer noch nicht will mir in den Kopf, dass diese Leute es so komfortabel haben mussten. Sie sollten doch für die Armen dasein, Nächstenliebe predigen…

Aber vielleicht habe ich ja eine falsche Denkweise, lassen wir es dabei.

Wir möchen noch in die Meersburg. Dieses Gemäuer ist zwar um ein vielfaches rustikaler als das Schloss nebenan. Hat dafür auch viel mehr Geschichte erlebt. Es soll seit dem Jahre 600 hier stehen, und ist heute noch von den Besitzern bewohnt.

Der Rundgang ist sehr informativ und ausgiebig, aber es können längst nicht alle Gemächer der Burg besichtigt werden. Ein Grossteil ist für den Besucher nicht zugänglich. Nichtsdestotrotz empfehle ich den Rundgang, welcher durch das hausinterne Burgcafé abgeschlossen werden kann.

Wir treten nach dem Rundgang wieder auf den Platz, haben vieles gesehen und wenn die Terrasse des Cafés nicht an der brütenden Sonne ausgesetzt wäre, hätten wir uns sehr gerne es bitzeli da verweilt.

Nun gut, wir steigen die Treppe zur Unterstadt wieder hinab, das bekannte Gewusel und das Blasorchester sind immer noch da!

Schnell zur Seepromenade. Hier reiht sich ein Esstempel an den anderen, aber die Aussicht auf den See unter Platanen ist schon ferienfeeling mässig. Wir finden am Rand der Unterstadt (Ausserhalb des Tores) ein schattiges Plätzchen und geniessen unser ZMI ttag-ZNAcht.

Beobachten die Leute, die Velofahrer, Leute mit Fremdschämfsktor 10, oder einfach Horden von Menschen, die jede Fähre oder Schiff hier anspült.

Kommen gerne wieder, aber wenns regnet/Nacht ist/ oder wann sonst eine weniger bevölkerungsreichr Phase finden sollten.

Das war etwas too much für uns!

Auf dem Nachhauseweg besuchen wir die Basilika von Birnau, ein fantastischer Bau an fantastischer Lage. Am Morgen war der Parkplatz noch pumpenvoll, nun konnten wir sogar ein Plätzchen unter einem duftenden Lindenbaum aussuchen.

Die Weiterfahrt über Ludwigshafen bescherte uns frische Kirschen (8.50 Euro/ Kilo!), die sind ganz schön lecker. Und nach Radolfszell gabs noch ein Körbchen frische Erdbeeren. Die Gegend da ist uns völlig unbekannt, aber echt sehenswert. Hüpsche Dörfchens, intakte Landschaften, und immer wieder Ausblicke auf den Bodensee oder den Rhein.

Der Übertritt in die Schweiz lief problemlos, es war 18.00 Uhr, kein Zöllner mehr da.

Tz…

Weiter gondeln wir durchs Zürcher Weinland, und schaffen es, ohne Autobahn und Stau am Gubrist im Zickzack wohlbehalten zuhause anzukommen.

Wiederum ein herrlicher Tag, mit wunderschönen Erlebnissen!

Wir lieben es!

Kategorien: Angeguckt

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