Heute folgt ein Brichtli, welches wieder einmal aufzeigt, wie wenig Klimbim es braucht, um mindestens zwei Menschen häppy zu machen. Der Tag war gefixt, der Ort auch, der Rest- hmm- wenn ich jetzt drüber nachdenke, war da eigentlich auch alles geplant, hihi.

Aber nun schön süüferli von Anfang an:

Meine Vorfahren mütterlicherseits stammen aus dem Urserental. Aus Hospental, dem schönen Ort im Urner Hochtal, welches sich idyllisch um einen Turm ausbreitet. Wunderschön idyllisch nach der kargen Wildheit der Schöllenen, und bevor es nochmal obsi Richtung Gotthardpass geht.

Manch einer spricht vom schönsten Tal der Welt.

Hospental hatte seine Blütezeit als Sust, wo die Pferde vor den steilen Aufstieg zum Pass nochmals ersetzt wurden, man hier nochmals rastete, oder gar nächtigte. Die vielen Restaurants und Ferienzimmer zeugen davon. Seit der Eröffnung des Gotthard-Strassentunnels wurde der Gang über den Gotthard unnötig, und findet nur noch touristisch bitz Anklang. Vor einigen Jahren half ein Investor dem Nachbardorf Andermatt aus dem Dornröschenschlaf und diese Destination ist heute ein beliebter Winter-/und Sommersport-Ort. Er wollte gar einen Aufzug sponsern, der Eisenbahngäste aus dem neuen Neattunnel raufholen kann.

Leider hat man dieses Projekt beerdigt, das Loch zum Tunnel wäre jedenfalls vorhanden.

Wenn man über das adrett aufgehübschte Dorf Andermatt guckt, sind da riesige Wohneinheiten hingepflanzt worden, der Teil Richtung Schöllenen wirkt wie ein Dorfteil, der zulang in die Höhe gezogen wurde. Mal sehen, wie das definitiv dann mal aussieht.

Hospental hingegen hat seinen Postkartenidyll grössten Teils behalten können. Klar gibt es auch hier Bausünden, und man müsste den Architekten eine chlöpfen, weil er sich lieber ein abscheuliches Denkmal setzt, als sich ins Dorfbild integriert. Aber ja. Es ist ein interessantes Dorf mit vielen verschachtelten Gassen, sonnengebrannten dunklen Häuser viele noch mit Schindeli bedeckt. Hier entdeckt man unter wachsamen Augen Einheimischer würkli schöne Gässchen und Häuser.

Von hier sind meine Grosseltern, hier waren sie zuhause, bis sie nach Zug auswanderten.

Mami erzählte immer wieder von den wunderschönen Sommern, die sie hier als Kind mit ihren Cousinen erleben durfte.

Drum packen wir beide die Gelegenheit, machen ein Ausflügli und gehen gemeinsam hoch auf 1500 Meter über Meer.

Wir haben das grösste Geschenk, was man einander schenken kann- Zeit.

Also war Autobahn tabu- und wir tuckern gemütlich aussenrum. Durchqueren Dörfer, an denen man normalerweise nur vorbeiflitzt.

Bereits in Ibach gab es einen ungeplanten Halt: Ich MUSSTE Mami doch unser momentanes Lieblingsbrocki zeigen!

Wir stöberten nach Lust und Laune, staunen über das sehr gut geordnete und saubere Brocki. Sogar Kleider waren nach Farbe sortiert. Hammer!

Unsere Weiterfahrt verlief problemlos und wir wussten einander viel zu erzählen. Wir erklimmen Kurve für Kurve, es hat viele schöne Töffs unterwegs. In Wassen stauten sich die Autos auf der Autobahn, bitz schadenfreudig tuckern wir auf der Hauptstrasse vorbei, unser Mitleid war verhalten.

Die Schöllenen war schnell erklommen, nicht ohne zu bemerken, dass es hier einen guten Veloweg abseits der Autos gibt!

In Andermatt sind wir knapp vor Mittag. Perfekt. Denn wir wollen uns was Besonderes holen hier: Den Audioguide zur «Hexenjagd im Urserntal». Ich habe diese gute Idee im Internet gefunden, und wir waren beide Feuer und Flamme. Ein Spaziergang durchs Dorf und an der Reuss soll uns die Hexenverfolgung, welche hier im Mittelalter wütete, näherbringen. Mami selber wusste nicht, dass es hier so etwas gab, aber die Tour sollte uns vom Gegenteil überzeugen.

Erst mal gings aber zum Restaurant Mätteli an der Passstrasse. Hier in einer Kurve gelegen lässt sich der Verkehr auf der Strasse sehr gut beobachten. Und wir kriegen ein sehr feines Essen offeriert (Verwandten-Rabatt?). Und wir konnten ins grosse Haus nebenan, Erich machte extra für uns eine Führung. Wir sind beeindruckt, wie schön man das von innen zwägmacht. Hier sollen Gästezimmer, Aperoräume und Festsaal reinkommen. Sieht man dem Gebäude gar nicht an von aussen… Wow!

Gestärkt gehrn wir nun ans Werk, der Hexentrail wartet auf uns. Stellen das Auto zmitzt im Dorf – nein, da kriegt ihr wenigstens keine Busse- ab. Und wandern an die Reuss zum Bahnhof.

Den Audioguide können wir runtergeladen vom Handy hören, ein Plänli wurde ergänzend mitgegeben. Über 12 Stationen soll die Erzählung über die Hexenverfolgung uns führen. Gespannt hören wir Geschichtlis, Sagen und Tragisches über das Geschehen. An einem der grössten Golfplätze Europas vorbei überqueren wir die Reuss. Bereits hat man uns mit diversen Informationen versorgt. Und das GPS weist uns den Weg, wo wir durchmüssen. Eine tolle Sache, wandern-innehalten-hören- wunderschöne Gegend angucken.

Nun müssen wir in den St.Annawald. Gemäss meinem privaten Guide erfuhr ich, dass der Bannwald erst nach einem Erdrutsch im 1952 hier gepflanzt wurde. Eine kurze Rast auf dem Panoramabänkli lässt unsere Blicke Richtung Schöllenen und Andermatt leiten. Ein schmaler Trampelpfad führt uns zu einem Galgen.

Eine Richtstätte. Oh!

Durch den kühlen Wald steigend lauschen wir den Hexenprozessen, welche sich denen von Zug sehr gleichen. Verdächtigt wurden meist Frauen von niederem Stand. Verhaftet manchmal auch ohne Beweise, nur auf Verleumdung. Die armen Frauen wurden gefoltert und eingesperrt, bis sie aufgegeben haben und die von ihnen erwartenden «Geständnisse» zugaben. Sie seien zuständig für die schlechte Ernte, für die schlechte Milch, und brachte die Krankheit übers Dorf, den Erdrutsch, den Hagel..

Die Kirche hatte endlich einen Sündenbock gefunden, mit dem sie Jahrhunderte lang geschickt spielen konnte. Das sei doch alles Teufelszeug. Der Bund mit dem Teufel sei durch diese Frauen eingegangenen worden. Und die Erlösung durch Enthaupten und Verbrennen sei der hilflosen Seele zu helfen.

Uns schauderts! Trotz Wärme.

Wir kommen wieder ins Dorf und laufen über die alte Brücke zum Dorfbrunnen. Nicht ohne dass wir von Einheimischen nicht erkannt und als englische Touristen gehalten wurden.

Hallo? Gaats na? Hihihi.

Weiter zum Fuss des Turms zeigt mir Mami das Haus, wo Vati geboren und gelebt hat. Der Guide spricht von Ende der Hexenverfolgung weil die Kirche sich- aufgeklärt wie die gewesen seien- nun sich von der Verfolgung abwandte.

Mami und ich sind uns einig. Das haben wir nicht der Kirche zu verdanken, die Leute glaubten eben auch nüm alles…

Bevor wir zum letzten Punkt der Tour kommen, ein Schmankerl für uns zwei:

Wir besteigen den Turm!

Man hat im letzten Jahr eine koole Metallkonstruktion in den hohlen Turm montiert. Dieser ermöglicht uns über eine Treppe (aso ein Lift wäre denn schon nicht schlecht) ganz nach oben auf die Mauerkrone zu gelangen.

WOW!

Was für eine Aussicht!! Die ganze Anstrengung hat sich sowas von gelohnt!

Ein Geheimtipp! Besser wie die Fontana di Treva in Rom, das Manekken Pis in Brüssel oder der Brücke in Avignon!!

Wer hätte das gedacht, dass wir beide mal da oben stehen? Wir geniessen die 360Grad Sicht. Ein Erlebnis!

Nun müssen wir noch Posten Nummer 12 holen. Der ist bei der Kapelle St.Karl. Auch die ist ein Schmuckstück, welches lohnt, andächtig ins Innere zu gucken. Sie wurde 1717 von Bartholomäus Schmid gebaut, und die Inschrift an der Aussenwand ist bezeichnend, den hier gabelt sich der Weg. Man geht entweder Richtung Gotthard, Furka oder zu Tal. Ich zitiere den Spruch:

Hier trennt der Weg, o Freund, wo gehst du hin? Willst du zum ew’gen Rom hinunter ziehn? Hinab zum heil’gen Köln, zum deutschen Rhein, nach Westen weit ins Frankenland hinein?

Die letzten Station des Hexenpfades weist darauf hin, dass zwar hierzulande (Gottseidank (!)) keine Verfolgungen mehr seien. Es in Südamerika und Afrika aber durchaus noch vom Glauben gesteuert Hexenverfolgungen gibt…

Wir können -vorallem auch Ortskundigen- diese Tour würkli empfehlen. Sehr gut gemacht, und eine wunderschöne gemütliche zweistündige Wanderung.

Bekommen bei Verwandten noch ein Kafi, den neusten Tratsch und Schwelgereien von alten Zeiten mit- herzlichen Dank für eure Gastfreundschaft. Wir besuchen noch den Friedhof und machen uns langsam (ist auch schon 19.00 Uhr) auf den Heimweg.

Bei der Teufelbrücke machen wir den nächsten Halt, hier gibt‘s einen impossnten Rundweg. Über die alte Teufelsbrücke führt uns der Weg und geht dann in die Felswand durch einen Tunnel bis unter die Schöllenenbahn. Dieser Tunnel hatte eine militärische Bedeutung. Denn wenn man die Brücke hier gesprengt hätte, wäre eine Überquerung der Reuss unmöglich geworden, und man hätte diesen Tunnel nehmen können.

Eindrücklich donnert hier die Reuss ins Tal, faszinierend, ein Naturschauspiel! Bald sind wir wieder beim Parkplatz.

Macht Respekt, diese Naturgewalt!

Die Schöllenen durab gondeln wir gemütlich hinter Velofahrern her, so ein Spinnerter überholt uns im Garacho, manchmal fragt man sich schon, wo genau bei denen das Hirn sitzt. Aber sicher nicht auf dem Velo.

Sogar Alpenrosen kriegen wir noch beim Tunnelportal, so was von perfekt!

Langsam merken wir, dass wir heute viel gesehen, gemacht und erlebt haben, und wir sind beide froh, relativ schnell Zuhause zu sein.

Ein gemütliches Feuerchen in der Schale, und ein Stück Fleisch, so lassen wir open Air diesen fantastischen, lehrreichen, wunderschönen und der Seele gut tuenden Ausflug auf uns wirken.

Was für ein schönes Geschenk!

Dankä! 😘

Kategorien: Angeguckt

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