Ohä! Wie die Zeit doch vergeht!

Schon wieder einmal stand er an, mein alljährlicher Geburtstagsausflug. Welcher mich -und willige Begleiter- traditionsgemäss jeweils an besagtem Tag an einen von mir noch unbekannten Ort bringt, mir schöne Sachen zeigen kann, und wieder einmal mehr beweisen kann, dass wir in der Schweiz unzählige wunderschöne interessante und sehenswerte Orte haben.

Meist surfe ich ein paar Wochen vor dem Geburtstag chli im Internet, suche was, was mich noch reizen würde anzugucken, und dann gehts an diesem Tag los. Wenn der Tag an einen Wochentag fällt – und das tut er meist- Leiste ich mir den Luxus von Arbeitsfrei.

Man gönnt sich ja sonst nix.

Dieses Jahr hatte ich das Ziel aber schon länger im Visier, nur die jeweiligen spärlichen Öffnungszeiten des Besichtigungsortes machten mir noch einen Strich durch die Rechnung, denn das Ziel war doch recht weite zwei Stunden von Zuhause entfernt…

Man hat es aber gemerkt, dass da ein grosses Bedürfnis auf erweiterte Öffnungszeiten vorhanden ist. Und hatte drum neu in den Sommerferien jeden Tag geöffnet, das passt doch hervorragend. Dann hats sicherlich nicht so viele Leute auf einmal.

Und ich kann den Tag geniessen.

Unser heuriges Ziel ist die Militärfestung Crestawald in Sufers im Bündner Hinterrhein.

Nun denkst du: Uff, so ein miefiger, kampfsauvollgestopfter Bunker! Und da geht ja auch nur ein militärgeiler Fuzzi rein.

Weit gefehlt! Wer mich kennt, der weiss, dass dem überhaupt nicht so ist. Ich hab zwar brav meine Diensttage in der Armee absolviert, bin aber nach wie vor stolz, nur Soldat gewesen zu sein. Es gibt gute Dinge, welche ich aus diese Zeit mitnehmen konnte, aber auch viele Unnötige, sinnfremde und Sisyphusaufgaben.

Henu.

Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass diese Zeit im aktiven Dienst den heranwachsenden Jungen (und auch Girls) guttut, wenn auch das Kriegerlisspielen (ämel hier in der Schweiz) völlig sinnbefreit ist.

Nun ja, ich will nicht abschweifen.

Also, los geht’s ins Bündnerland!

Wir reisen über Chur und Thusis über die wilde Via Mala und stehen bald einmal auf einem kleinen asphaltierten Platz, und wenn man nicht genau schaute, dann war hier bloss ein Parkplatz und eine halb baufällige Hütte zmitzt im Wald.

Ich kannte diese Gegend nur allzu gut, auf der anderen Talseite habe ich einen dreiwöchigen Gast-WK absolviert, welcher mir im Juni Schnee bescherte(!), und einen ausgewachsenen Bunker-Koller.

Die vor uns liegende Festung Crestawald ist ein ehemaliges Artilleriewerk der Schweizer Armee. Es hatte die Aufgabe, die Zufahrten von der italienisch-schweizerischen Grenze auf dem Splügenpass und den San Bernadinopass zu sichern.

Im September 1939 begann man hier die Festung in den Berg zu treiben, im Juni 1941 war die Anlage fertiggestellt. Unter höchster Geheimhaltung wurde hier ein Verteidigungsbollwerk geschaffen, von denen tatsächlich lange Zeit niemand etwas davon wusste. Erst naadisnaa, und offiziell ab dem Jahr 2000 wurde das Werk für die Öffentlichkeit freigegeben und auch zugänglich gemacht.

Während der Betriebszeit des Bunkers waren um die 95 Männer hier im Schichtbetrieb stationiert, und es war bei Strafe (standrechtliches Erschiessen) verboten, irgend eine Info über diese Anlage nach draussen zu lassen, weder am Stammtisch, gegenüber der Liebsten… Sogar das Notieren im privaten Tagebuch war untersagt.

Heute sowas von undenkbar…

Und ich muss zugeben, ich hatte vom Bunker auf der anderen Seite vom Bunker auf der anderen Seite auch keine Ahnung.

Der Rundgang durch die Anlage war äusserst interessant, es gab Elemente, die man bei eigentlich allen Schweizer Festungen antrifft, Der Wirtschaftsraum mit Küche und Soldatenstube ist immer wie ein Bau im Bau angelegt, ein schmaler Gang führt rund um den Raum. Dann gibt’s wieder Sachen, welche wirklich individuell extra für diese Festung umgebaut wurde. Wie die die beiden 10,5-cm-Kanonen, die aus einer schwedischen Lizenzkonstruktion eines Schiffsgeschützes in Schweizer Eigenherstellung in Thun für Crestawald realisiert wurden. Diese Kanonen hatten eine Reichweite von regulär 17 bis 23 km. Somit konnte man den Splügen/- und den San Bernadinopass verteidigen, ohne selber dort von der gegnerischen Artillerie gefährdet zu werden.

Die Anlage war zu dieser Zeit mit 10’000 Geschossen bestückt, welche in separaten Munitionslagern im Berg gelagert wurden. Verschiedene Transportbahnen befördern die Munition im Bedarfsfall zu den beiden Kanonen, diese wurden authark mit Dieselmotoren betrieben. Diese Dieselmotoren waren das Sorgenkind der Anlage, denn ohne gabs keinen Strom, keine Lüftung, und man konnte die Kanonen nicht abfeuern.

Im Jahr 1991 baute man sogar noch eine Filteranlage gegen chemische Kampfstoffe ein. Ich nehme an, dass wenn ich zwei, drei Jahre früher im Dienst da oben gewesen wäre, hatte ich mich in eben dieser grossen Festung befunden, statt im neuen Bunker vis-à-vis.

Echt beeindruckend, dass hier eine zirka 7000m3 grosse Kaverne in den harten Felsen von Hand gehauen wurde, und wie weitläufig die Anlage ist. Man erklimmt über 30 Höhenmeter, um in die verschiedenen Kammern zu gelangen. Sehr interessant ist auch die Ausstellung im oberen Munitionslager, wo die Geschichte von abgestürzten Bombern über Graubünden anschaulich gezeigt wird, ein Objekt wurde gar wieder teilweise aufgebaut, und ein Videodokument über die unbekannte Schwester der «Memphis Belle» zeigte eine weit realistischere Darstellung des Krieges, als wie es im Kriegspropagandafilm gerne gezeigt wurde.

Es war gut waren wir früh vor Ort, denn wir waren noch recht alleine unterwegs, und als wir über vier Stunden später das ehemalige Artillleriewerk wieder verliessen, staunten wir selber nicht schlecht, dass wir so lange Zeit in diesem Bunker verbracht hatten. Es war recht eindrücklich und interessant, hier mal reinzusehen.

Ich kann es also Jedem empfehlen, wer sich getraut, ein Stück Schweizer Geschichte anzugucken.

So tuckern wir langsam wieder Richtung Tal, und als wir in Zillis (nein nicht Zick- Zick-Zyliss) vorbeifuhren, wies ich meinen Schofför etwas kurzfristig und unverhofft an, hier links ins Dorf abzubiegen.

Ich hatte eine Idee: Wenn wir schon mal hier sind, könnten wir doch diese weltberühmte Kirche angucken gehen, dessen spitzer Turm ich von der Strasse her aus entdeckte. Die Holzdecke soll da was ganz besonderes sein.

Nun gut, gesagt-getan.

Wir wundern uns, dass wir mit Wegweisern auf einen Parkplatz gewiesen werden, und es hatte da auch mehrere Carparkplätze.

Schiinz ein Touristenmagnet.

Am Tor dann die Nachricht- Es muss Eintritt bezahlt werden. Dies finden wir anfangs chli befremdlich, aber es waren nur wenige Franken, die solle man doch für den Erhalt parat stellen.

Die Kassiererin hat uns etwas gelinkt, denn kaum hatte ich die Zahlung per Terminal abgeschlossen, fiel der Strom für zwei Stunden aus. Das sei vom vergangenen Unwetter, die Elektrowerke haben diesen Stromunterbeuch schon im Vorab angemeldet.

Wäre doch bei uns schlicht und einfach undenkbar. Zwei Stunden ohne Strom…

Dass sie nun die elektrische Schranke nicht mehr bedienen konnte musste sie diese manuell ausser Betrieb nehmen. Grad nebendran stand in gewollt(?!) kleiner Schrift, dass im Zeitraum des Stromausfalls die Schranke nicht gehen würde, und man dann die Kirche umsonst begüxeln könne.

So ein Seich aber auch!!!

Nach ein bisschen Verärgerung über die schlitzohrige Weise der Dame, liessen wirs aber gut sein, wir erhielten noch jeder einen Leih-Spiegel in die Hand gedrückt.

Die Kirche ist recht alt aber noch gut im Schuss. Und im Innern war die Holzdecke mit den 153 Bildtafeln aus dem Jahre 1114 gut zu sehen. Wir sassen auf die Kirchenbänke und erkannten nun den Wert des Spiegels. Denn Mithilfe von ihnen konnten wir ohne auch ein bitz die Halskehre zu kriegen, die Holztafeln genauer studieren. Der Spiegel vergrösserte sogar noch ein wenig.

So guet!

Recht eindrücklich und es erstaunt umso mehr, dass diese Tafeln sogar die Reformation überstanden. In diesem Umsturz, da wo alle Heiligenbilder und Götzentafeln aus der Kirche entfernt wurden.

Also es war die 6.- wert. Ansonsten wird hier alles vermarktet, sogar die Bilder bedürfen bei Veröffentlichung einen Obolus.

Nach diesem kulturellen Leckerbissen wollten wir auch den lukullischen Hunger stillen, der Migros in Thusis bescherte uns beiden einen Flashback. Hier ists noch wie vor 20 Jahren.

Weiter gings auf der Hauptstrasse Richtung Bonaduz. Hier biegen wir nach links, der Vorderrhein mit seiner fantastischen Rheinschlucht erwartete uns.

Herrlich, und mit nur wenig Leuten kurvten wir der Schlucht entlang bis nach Illanz. Weiter gings nach Disentis, und da Ausgangs Dorf zu unseren gut bekannten Fleischtrocknerei Sialm.

Kurz nach der Fleischtrocknerei finden wir am kleinsten Bahnhöfli von Mompé ein geeignetes Zvieri- Bänkli.

Gäll, da warst noch nie, hä?

Gestärkt gings über den Oberalppass, da eine Rauchpause, bevors über Andermatt durch die Schöllenen runter nach Göschenen ging.

Die Heimfahrt verlief problemlos, wir bestellten vom neuen Asiaten, und liessen diesen zwar strengen, aber richtig megawunderschönen Ausflug ins Bündnerland Zuhause ausklingen.

Das nächste Jahr gibts was zu feiern.

Ein runder Geburtstag.

Es ist ein Freitag, und in Paris eröffnen sie die olympischen Sommerspiele…. (smile)….

Kategorien: Angeguckt

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