Dieses Bild wirft bei dir entweder schöne Erinnerungen hoch und du summst (oder singst) nun die Erkennungsmelodie -oder die geile neu getypte Technoversion davon- mit, fühlst dich zurückversetzt in die Schneelandschaften, wunderschönen Kostümen und einer Lovestory mit zartsüssem Happyend.

Oder aber du bleibst emotionslos und fragst dich, was diese Grossleinwand mit komisch kostümierten Personen in einem Konzertsaal mit einem klassischen Orchester inklusive taktstockschwingendem Dirigent zu suchen hat.

Wie ich zu diesem Bild gekommen bin, möchte ich dir hier erzählen, eine einmalige Geschichte die es lohnt, aufgeschrieben und gelesen zu werden.

Die Verfilmung des Märchens von «Drei Nüsse für Aschenbrödel» aus dem Jahr 1973 (in Farbe!) ist eine zum Kultfilm gewordenes Werk aus der damaligen DDR und CSSR. Der Film lehnt sich an Grimms Aschenputtel (1812) und des daraus entstandenen Märchens «O Popelce» aus dem Jahr 1842 an.

Wer wie ich mit den Grimm’s Märchen aufgewachsen ist bemerkt jedoch sehr schnell, dass dieser Film in Bezug auf die Buchversion in der Handlung doch arg zusammengeschnitten wurde.

War doch im Original von drei Ballkleidern die Rede, welche sie auf dem Grab ihrer Mutter erhält („Bäumlein, rüttel und schüttel dich, wirf schöne Kleider herab für mich!“),

oder einem gläsernen Schuh die Rede («Rucke di guck, rucke di guck! Blut ist im Schuck (Schuh): Der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“).

Es gäbe da noch unzählige Differenzen zum Aschenputtel- Drum ist‘s das Aschenbrödel.

Passt schon.

Jeweils zu Jahresende läuft dieser mittlerweile schon fünfzig Jahre alte Film zur Weihnachtszeit auf diversen Fernsehkanälen rauf und runter. Sicher zwanzig Mal könntest den Film in einer Jahresendsaison gucken. Dieser Film fällt in die gleiche Sparte wie „Dinner for one“. Der Schwarzweissfilm aus dem Jahre 1963 wird grad so viele Male traditionell am Sylvesterabend auf vielen Fernsehsendern ausgestrahlt.

Aber zurück zum Anlass:

Wir organisieren zu viert die Tickets, mit 70.— pro Person ein doch recht ansehnlicher Betrag. Aber immerhin findet der Film im grossartigen KKL in Luzern statt. Dem Musiktempel par excellence, vom Stararchitekten Jean Nouvel nach einigen Querelen (es kostete immerhin 226,5 Millionen Franken, und schlug mit 32,5 Millionen Franken recht heftig über‘s Budget) vor doch schon 25 Jahren hier hin gestellten grossen Kubus mit einem weit überkragenden (und nicht ganz dichtem) Dach.

Ich war noch nie da drin, und freute mich auf einen speziellen Abend- solle die Akustik doch seinesgleichen suchen, sogar die Elbphilharmonie in Hamburg (Ein protziges Prunkstück zweier weiterer Stararchitekten), müsse vom Klang her hinten dran stehen.

Nun gut-Wir quetschen unser Auto ins viel zu teure Parking, und schlendern fein rausgepüzelt zum KKL. Eigentlich möchten wir noch was essen, Der Konzertbeginn um 20.00 Uhr gibt jedoch keine Chance auf ein gemütliches Nachtessen im Vorab. Und danach? Bis dann wären wir verhungert.

Also holen wir am Bahnhof einen Brezel. Der Heisshunger ist damit weg.

Unter dem riesen Dach des KKL lauschen wir noch einer Solistin draussen auf einer provisorischen Bühne am Klavier zu, ihre „Adventslieder“ passten mehr oder weniger zum Ambiente.

Aber nun los ins Gebäude.

Nimmt mich scho wunder…

Ein ziemlich Gewusel und viele Einweiser stehen rum und sie weisen dich ein.

Wir gehen einen Stock höher, denn wir haben Galerieplätze. Die Aussicht im Foyer durch die Glasscheibe auf die Seebucht von Luzern ist herrlich, und jetzt beim eindunkeln ist es wirklich eine Leuchtenstadt. Das Foyer ist in rotem warmen Holz ausgekleidet, die Formen sind rund, ähnlich einem Schiff, der Vergleich kommt nochmals recht treffend- aber davon später mehr.

Hier herrscht Garderobenzwang- Die Jacke und grössere Gepäcksstücke (HUH???) müssen abgegeben werden. Wir stehen vor einer grossen Bartheke- Leider hat die zu.

Wägewerum denn das?

Nur allzugerne hätte ich nun einen Aperitif gehabt, zum Einklang, zum Geniessen, eifig so.

Würde doch zum Abend, zum Anlass passen, oder nicht?

Leider nein.

Nun denn- schreiten wir zu unseren Plätzen. Ein grosser weisser hoher Saal erwartet uns. Gespannt setzen wir uns auf die leicht unbequemen Sitze, und können beobachten, wie sich der Konzertsaal stetig mit Leuten füllt.

Also ganz so wohl ist es uns hier drin aber nicht, man wird von den komischen Raummassen irgendwie recht unangenehm eingeschüchtert.

Man hört jedoch alles und Jeden, die Akustik ist würkli phänomenal. Ämu das, was ein Laie wie ich raushören kann.

Man habe hier eine Raumstille von 19db. Das ist echt beeindruckend!

Das Orchester beginnt zu spielen und untermalt den laufenden Film virtuös perfekt. Ich muss ein paar mal würkli guet luegen, öb jetzt die Musik echt live vom Orchester kommt, oder vom Film. Wir verfolgen gespannt die bekannte Handlung und die immerwiederkehrende Musik. Sogar die Sängerin „trällert“ live, das hab ich erst gar nicht gemerkt.

Eine Pause sucht man hier vergebens- der eine Stunde und 15 Minuten dauernde Film wird an einem Schnuuz durchgezogen.

Hätte da schon noch gerne eine Pause gehabt- aber henu… Nun gut…

Am Ende des Filmes, als Aschenbrödel und der Prinz auf Nikolaus dem Pferd im Neuschnee davonreiten, bleiben wir noch es Momentli sitzen. Einerseits um den verdienten Applaus dem Orchester zu geben (war würkli toll!!), anderseits dem Erlebten nochli nachzusinnieren und -summen.

Die Leute ströhmten nach dem verdienten Applaus wie Lemminge aus dem Saal, ich hatte, wohl beeindruckt von der Raumhöhe des Saales die Filmszene von Titanic vor Augen, als das Schiff unterging und alle Passagiere panikmässig an Deck rannten…

Ganz eigenartig, dass es mich hier schon wieder an ein Schiff erinnert.

Wir wurden, da wir es Momäntli sitzen geblieben sind von der Platzanweiserin mehr oder weniger diskret hinausbefördert, und hinter uns wurde geräuschvoll die Saaltür abgeschlossen.

Der Saal war nun leer.

So stehen wir wieder chli ratlos vor der immer noch geschlossenen Bar, die meisten Besucher haben das Gebäude quasi fluchtmässig Richtung anywhere verlassen.

Wir holen an der Garderobe unsere Mäntel, und werden wieder diskret bestimmt zum Ausgang verwiesen. Kaum draussen, wurde die Tür von innen verschlossen.

Zäck!

Und wir standen bitz verloren in der Kälte unter dem grossen Dach.

War‘s das nun??

Wieder mussten wir zum Bahnhof und genehmigten uns einen Hotdog, bevor wir nach Hause fuhren.

Mein Fazit:

Der Film mit Live-Orchester in einer so akustischen Topumgebung war echt ein Genuss, auch wenn‘s nicht mein Lieblingsfilm war.

Aber das drumherum im KKL, das hinausscheuchen, das raushetzen empfand ich als recht störend. Also willkommen habe ich mich im KKL echt nicht gefühlt. Für so eine Stätte erwarte ich schon bitz mehr Stil, Noblesse und Klasse.

Es war wie in einrm rudimentären Kino. Ausser dass man im KKL kein Popcorn in den Saal mitnehmen durfte.

Es war das Geld sicherlich wert, aber dies nur im Bezug des Orchesters und des Dirigenten.

Stil geht leider anders, liebes KKL.

Hier enttäuscht du mich.

Kategorien: Angeguckt

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