Das Kloster Fahr ist ein Benediktinerinnenkloster in der Gemeinde Würenlos im Kanton Aargau. Es gehört seit seiner Gründung im Jahr 1130 zum Kloster Einsiedeln und bildet mit ihm ein sogenanntes Doppelkloster.

Als Doppelkloster bezeichnet man einen Klosterbezirk, in dem Mönche und Nonnen unter der Leitung eines gemeinsamen Ordensoberen leben, wobei die männlichen und weiblichen Kommunitäten räumlich voneinander getrennt sind (sälpferständli, odr?).

Früher gab es das noch ab und zu, mittlerweile ist Einsiedeln/Fahr weltweit der einzige noch existierende Doppelkonvent.

Da wäre schon hier eine erste Besonderheit. Weltweit einmalig.

Die etwa 20 Schwestern in Fahr gestalten ihr Leben nach der Regel des heiligen Benedikt. Das Kloster weist eine Fläche von 1,48 Hektaren auf, der Name des Klosters leitet sich von der Personenfähre ab, die neben dem Kloster über die Limmat führt.

Dieser Ort hat mich schon seit der Schulzeit (au scho es rechts Ziitli här…) fasziniert. Wie ein roter Punkt stahlt er mich immer wieder von der Landkarte an. Eine sogenannte Exklave. Wie kann ein Ort in einem Kanton zu einem anderen Kanton gehören? Und dann noch ein Kloster? Die an der Limmat gelegene Klosteranlage ist seit 1803 eine vollständig vom Gebiet des Kanton Zürich umschlossene Exklave des Kantons Aargau. Dieses Gebiet bezeichnet einen Teil des Gebietes, welches vom Rest durch Grenzen räumlich abgetrennnt ist, und nur durch fremdes Gebiet zu erreichen ist. Ein Sonderfall, der aber kurioserweise überall auf der Welt zu finden ist.

Das Gebiet ist zwar seit 1803 Bestandteil des Kantons Aargau und dem Bezirk Baden zugeordnet, gehörte aber bis 2007 gebietsmässig zu keiner Gemeinde. Seit 1803 war das Kloster lediglich verwaltungsrechtlich der Gemeinde Würenlos (Ja, das mit dem berühmten «Fressbalken»!) zugewiesen. Die Gemeinde war zuständig für die Einwohnerkontrolle und Feuerschau. Die Bewohner vom Kloster übten ihre politischen Rechte in Würenlos aus. Erst seit 1. Januar 2008 gehört das Kloster Fahr gemeindetechnisch zu Würenlos, wie es die Stimmbürger von Würenlos bei einer Volksabstimmung am 11. März 2007 beschlossen haben. Bereits vorher hatte die Gemeindeversammlung von Würenlos einen 14-seitigen Vertrag zwischen Würenlos, dem Kloster Fahr und der Zürcher Gemeinde Unterengstringen ohne Gegenstimme gutgeheissen. Der Vertrag schaffte Klarheit und brachte viele Änderungen. So muss die Gemeinschaft des Klosters der Benediktinerinnen seit 2008 Steuern an Würenlos bezahlen. Zuvor war die Gemeinschaft von Gemeindesteuern befreit gewesen.

Das wäre dann die zweite Besonderheit. Lassen wir mal so stehen…

Das Kloster Fahr war auch recht bekannt für seine Bäuerinnenschule welche 1944 gegründet wurde. Trotz grossem Erfolg musste die Schule 2013 geschlossen werden, die Nonnen als Lehrpersonal werden auch nicht jünger. Trotdem wurden hier 4000 wissbegierige Frauen zu Bäuerinnen ausgebildet. Auch ich kenne eine liebe Person, die hier ihre Ausbildung abschloss, und heute mit ihrem Mann einen schönen Bauernhof im Fricktal führt (Sei gegrüsst- Heb di warm!).

Heute ist das Gebäude in dem die Schule war, frisch umgebaut. Als sogenanntes Mehrgenerationenhaus bietet es mit seinen 16 Wohneinheiten vielen unterschiedlichen Menschen ein Daheim.

Sogar die Klosteraufhebung von unserem lieben Aargauer „Klostermetzger“ Augustin Keller im Jahr 1841 hat das Kloster mit wenigen Jahren Unterbruch überstanden, eigentlich ein Glücksfall, denn bei der Auflösung der Klöster wurden die Schätze zu Geld verscherbelt und in alle Welt zerstreut.

Also de facto ein katholisches Konvent, in dessen Kanton alle Klöster aufgehoben wurden umgeben von einem reformierten Kanton.

Chunnsch druus?

Das wäre schon die dritte Besonderheit.

Es gibt noch mindestens eine vierte Besonderheit, aber auf diese komme ich später noch bei unserem Rundgang zurück.

Keinen Kilometer Luftlinie vom berüchtigten und einem der verkehrsreichsten Autobahnkreuz der Schweiz -dem Limmattaler Kreuz- und dem Gubristtunnel entfernt hört man hier an der Limmat absolut nichts des dauernd brausenden Autolärms. Man fühlt sich wie in einer anderen Welt, auch die umliegenden Agglomerationen von Zürich sind noch nicht gross in Sichtweite. Hier kann man gut an der Limmat entlangspazieren, es hat hier viel Grün und es gibt einige (Gratis)Parkplätze. Es ist noch richtig friedlich hier.

Ein Wermutstropfen sind die häufigen Flugzeugstarts vom nahe gelegenen Flughafen Kloten. Wahnsinn, was hier für Mengen von Passagieren in kurzer Zeit in die Luft gehauen wird.

Wir nehmen den Weg auf dem Damm der Limmat flussaufwärts, und staunen, wie stark der „Zug“ des Gewässers doch ist heute. An der Fährstelle angekommen suchen wir vergeblich nach einem Boot, das uns auf die andere Seite hätte bringen können. Aber keine Nussschale tümplet im Fluss. Warscheinlich ist es im Winterschlaf. Henu. Wir überqueren den Kanal der hier von der Limmat abgeht und stehen vor der umgebauten Schule. Wir sind immer noch im Kanton Zürich, das neu renovierte Haus ist linker Hand und die Leute reden zufrieden vor der Eingangstüre.

Über den zweiten Kanal gelangen wir nun in den Aargau, zum Klostergelände. Rechter Hand das Restaurant zu den zwei Raben welches aktuell im Umbau ist sowie einigen Ökonomiegebäuden. Zu unseren Linken das Klosterareal.

Wir treten durchs Tor in den Garten ein, und stehen wie in einer anderen Welt. Schön aufgeräumt und recht gut im Schuss empfängt uns der Klostergarten, der erste Deutschschweizer «Laudato si’-Garten» welcher damals von den Schülerinnen gepflegt wurde, und jetzt teilweise noch in der Winterstarre liegt. Ein «Laudato si’-Garten» soll ein besonderer Ort der Harmonie zwischen Gott – dem Schöpfer, der Natur – der Schöpfung, den Menschen – seinen Geschöpfen und der Kunst – der menschlichen Schöpfung sein. Zudem sind sie den Kriterien für Nachhaltigkeit und Ökologie verpflichtet.

Die Kapelle St. Anna ist erstaunlich schlicht und fast schon- bitte nicht hauen- reformiert kühl gehalten, der enge Raum gibt trotz spärlicher Beleuchtung eine wohltuende Geborgenheit, welche mich sehr fasziniert. Anscheinend sind die Gemälde restauriert, denn sie leuchten fröhlich von den Wänden und harmonieren gut mit dem Raum. Wie ich erfahre, ist diese Kapelle das letze Mal im Jahr 1985 renoviert worden. Es ist aber dermassen gut gepflegt, als hätte man die Renovation erst grad abgeschlossen. Toll!

Wieder draussen umrunden wir den Klostergarten, wohl wissend, dass linkerhand noch die Benediktinerinnen hausen und ihrer Aufgabe nachgehen. Ein sehr friedlicher Ort, und man entschleunigt hier im Hof automatisch.

Durch das Tor betreten wir den Hofplatz und einige Menschen sitzen auf den Bänken und lassen sich von der Sonne wärmen, während andere sich im improvisierten Kaffee den Sonntagskuchen schmecken lassen. Wir holen Brot und Landjäger aus dem Shop und hören im hinteren Teil des Gebäudes eine private Geburtstagsgesellschaft, welche mit Panflöten, dann mit Steelbandklängen unterhalten wird.

Nun gut.

Viel zu schön, um drin zu bleiben- Wir umrunden das Haus, begucken Kühe, Kälber, Geissen, Schweine und Hasen, und sogar in den sehr sauber gehaltenen Stall gehen wir.

Toll wie man hier verweilen kann.

Wir sehen auf dem Plan, das es neben der Kapelle noch eine Kirche hat. Oh, tut das not?

Kann man die begucken?

Komm!

Wir stehen nun vor der Ummauerung des Klosters vor der Kirche und treten ein in den von hohen Mauern umgebenen «Garten der Toten» durch ein schlichtes Portal.

Hier ist der Friedhof angesiedelt, der Gottesacker der Schwestern. Es sind einfache, hüpsche geschmiedete Grabkreuze auf dem gepflegten Rasen aufgestellt, Jedes Grab ist mit Stellriemen umrandet, mit schönen Blumen bepflanzt und eine Grabkerze schmückt das Grab.

Was aber imposanter ist -und hier wie versprochen die vierte Besonderheit- dass die Kirchenaussenmauer wunderschön und bunt bemalt ist. Als ein Unikum spätbarocker Freskenmalerei gilt die von Giuseppe und Giovanni Torricelli aus dem Tessin gestaltete Fassadenmalerei des Kirchhofs.

Diese Freskomalerei besitzt nördlich der Alpen Seltenheitswert. Maltechnisch war das Fresko bereits zu seiner Entstehungszeit ein gewagtes Unterfangen. Vor der Restaurierung zwischen 1964 und 1969 musste man gar einen Totalverlust befürchten. Die Konservierungsarbeiten zwischen 2014 und 2017 (Kosten 7 Miliionen Franken) sichern nun den Fortbestand dieses einzigartigen Kunstwerks.

Als wir so andächtig in diesem Innenhof stehen, erreicht uns fröhliches Gelächter aus dem Innern der Probstei. Die Nonnen scheinen eine fröhlich aufgeschlossene Gemeinschaft zu sein.

Aber nun gehts in die Kirche, und so was hätte ich echt hier nicht erwartet. Wunderschön und reich (auch von den Brüdern Torricelli) verziert erwartet uns hier ein Gebäude, welches trotz seiner Grösse nicht so erdrückend wirkt. Sogar die Bänke sind bunt bemalt, und eine warme Aura umgibt uns in diesem Gebetsraum. Die Figuren sind sehr schön an den Wänden aufgemalt, und bei den gerafften Vorhängen oben an den Fenstern muss man sehr genau schauen um zu merken, das sie nicht echt, sondern gemalt und modelliert sind. Der Fachbegriff dazu ist illusionistische Architekturmalerei. Fantastisch, wie meisterlich die beiden das umgesetzt haben, und vorallem wenn man bedenkt, das es um 1750 gemalt wurde.

Wunderschön und echt eine Bereicherung. Diese Fülle von Farben und Leuchtkraft hätte ich an diesem Ort echt nie erwartet! Schön hier etwas Zeit zu verbringen und auch mal es Momäntli stillsitzen zu können. Ein bisschen erinnert es mich hier an Theatermalerei. Da gibts ja Paralellen zuhauf, hihihi.

Draussen bewundern wir nochmals das Fresko- Wahnsinn, und das ist Wind und Wetter ausgesetzt.

Wir beschliessen unseren Rundgang und spazieren wieder zum Fährihaus. Schad hats hier fast keine Bänke, denn auf den Rasen, oder auf den Damm da mögen wir uns nicht setzen.

Wir finden einen Bank mit Tisch direkt am Ufer, geniessen den Landjäger und das Brot, und die Ruhe des zügig vorbeifliessenden Flusses.

Es können Führungen im Kloster gemacht werden, jeweils am letzten Samstag des Monats zeigen die Schwestern gerne ihre Einblick hinter die Klostermauern.

Das lohnt sich alleweil!

Kategorien: Angeguckt

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