Ich hab’s ja selber nicht geglaubt. Echtetz.

Wir in der Schweiz sind ein Land der Eisenbahner, und insgeheim schon auch mächtig stolz darauf. Motzen jedes Mal, wenn die Preise der Bahnfahrten sich erhöhen, oder der Zug wenige Minuten Verspätung hat. Wir keinen guten Sitzplatz finden, oder nicht gleich einen Anschlusszug haben. Aber wir sind stolz auf unser dichtes Schienennetz, den pünktlichen Fahrplan, die moderne Infrastruktur.

Dadurch sind wir für Aussenstehende Jööh, herzig und liebenswert, wenn dann mal wieder lamentiert wird, weil ein Zug auf einem anderen Gleis als angegeben abfährt. Oder wir von der Regierung angehalten werden, mehr mit der SBB zu fahren. Würden jedoch noch mehr mit dem Zug fahren, mehr Züge Verspätungen haben würden. Was wieder kontraproduktiv wäre…

First World Problems.

Ich empfehle dem geneigten Leser, sich einmal in der Rushhour in Zürich Stadelhofen (übrigens vom spanischen Stararchidekten Calatrava wirklich schön designten Bahnhof) eine halbe Stunde Zeit zu nehmen, um die Züge und Leute zu beobachten. Was auf diesen drei Gleisen abgeht, ist für mich als ehemaligen Produktionsplaner echt eine logistische Meisterleistung. Die Züge folgen sich fast nahtlos, schwärmen danach in alle Richtungen.

Ich kenne die grossen Bahnhöfe in New York oder Tokio nicht, aber gemessen der geringen Anzahl Gleisen, ist eine sogenannte Verdichtung des Fahrplanes hier praktisch gar nicht mehr möglich. Und ob diese grossen Stationen dies auch so souverän schaffen würden, sei dahingestellt. Nur mit vielen Gleisen ist’s eben auch nicht gemacht.

Und wenn hier mal was passiert…. und es passiert viel hier, leidet der gesamte Schienenverkehr im Grossraum Zürich.

Statt auf den blöden Titlis sich einen abzufrieren und bunte Kunststoffkühe zu föttelen ist hier in Stadelhofen viel mehr von der Schweiz zu sehen- und wenn man Berge und See will, das ist nur ein paar Schritte entfernt, vom Seeufer gibts eine herrliche Sicht in die Schweizer Alpen. Nur so als Tip. Nach Zermatt oder St. Moritz gehen alle. Aber Stadelhofen? Dabei wärs näher beim Flughafen. Gibt sogar direkte Verbindungen mit dem Zug (20 Minuten). Das reicht dicke für einen Kaffee in Ruhe.

Aber ich schweife ab, denn auch ich als guter Schweizer habe Bähnler als Vorfahren- Mein Urgrossvater soll Bahnhofsvorstand gewesen sein. Beim Stammbaum werden Familien gewöhnlich jeweils nach Bereich abgesteckt. Gibt’s da die Bauern, die Akademiker, Schuhgeschäftbesitzer, Käser, undsoweiterundsofort- Meine Familie ist der Bähnlerzweig. Ich trage dazu bei, als dass ich schon einige Jahre mit der Bahn pendle.

All das. Reicht auch.

In eben einem der solchen Züge bekomme ich einen Artikel in die Finger, welcher mich nüm loslässt. Er ist etwas liederlich geschrieben, drum keine Quellenangabe. Ich recherchiere und schreibe hier lieber selber drüber.

Im Eisenbahnland Schweiz, ja die mit dem Milliardenloch Alptransit, welches im vorletzten Jahr eröffnet wurde, gibt es eine wahrlich unglaubliche Situation:

Ein Eisenbahnschienenpaar durchquert die vierspurige Autobahn!

Nicht in einer Überführung, oder einer Unterführung- nein auf gleichem Niveau einmal quer drüber. Zägg!

Glaubst mit nicht? Momoll. Echtetz.

Und ich werde dir auch sagen, wo diese Stelle zu finden ist, hab sie ja schliesslich auch besucht und fotografiert. Man sieht’s nur teilweise- zu hoch der Schnee. Aber das Foto soll dich animieren, auch mal gucken zu gehen, und ungläubig den Kopf zu schütteln. Der Lkw im Hintergrund fährt auf der Autobahn -Wir sind wirklich nah!

Wer schon einmal gegen Süden gefahren ist, und den Weg nach Italien via die Schweiz die Autobahn A2 nimmt, hat schon mal gute Chancen, diese Gleise zu queren. Denn kurz nach dem Gotthardtunnel sollten deine Augen genau aufpassen. Rechter Hand ist die von Mario Botta entworfene Autobahnraststätte, ein rotes, augenfälliges Gebäude. Bald soll von ebendiesem Architekten ein neues Eisstadion nebenan gebaut werden- eine Odyssee sondergleichen…

Unmittelbar nach der Raststätte lohnt sich ein Blick auf die linke Seite, grosse Rohre sind am Berghang mit grossem Gefälle zu sehen- Und ist da nicht eine Standseilbahn? Genau- Die Bahn zum Ritómsee, welche öffentlich ist, und man mit atemberaubender Aussicht steil rauf zum Stausee fahren kann. Eine der steilsten Europa’s, so nebenbei. Oben tut sich ein Wanderparadies auf, die Natur ist gewaltig. So als echte Alternative zu Interlaken/Crans Montana/Gstaad.

Und um genau diese Bahn geht es. Das Talgebäude ist gut von der Autobahn zu sehen, da kommen Geleise aus dem Gebäude, die führen direkt zur Autobahn.

Was???!!

Ja- genau. Hier queren die Schienen die Autobahn um in Ambrí-Piotta Anschluss ans SBB Netz zu haben. Ein kurzes Ruckeln, und du bist drüber…

So bin ich schon unzählige Male über diese Schienen gefahren, ohne es auch nur ansatzweise zu wissen.

Aber ab nun achte ich mich drauf.

Du auch?

Kategorien: Angeguckt

0 Kommentare

christahartwig · Februar 21, 2018 um 08:27

Guten Morgen! Das ist ja interessant!
Einer meiner Schwiegersöhne ist – schon von Berufs wegen – ein rechter Bahn-Begeisterter, und genau aus diesem Grund machen er und meine Tochter regelmäßig Urlaub in der Schweiz und fotografieren (außer ein paar Bergen und Seen natürlich) Bahn und Bähnli, Zug und Zügli, …
Den Link zu diesem Artikel werde ich ihm schicken. Er wird sich freuen.
Viele Grüße aus Berlin

Schreiben Sie einen Kommentar

Avatar placeholder

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: Content is protected !!