
Dieser Beitrag wird zum Gruseln sein oder sogar für e bitz Augenwasser sorgen- Also nix für schwache Nerven!
Aber keine Angst —> Spoiler: Es sieht gut aus!
Ich muss chli weiter ausholen, um auch alle am gleichen Ort abzuholen. Es geht hier um das Auge, genauer gesagt mein Auge, und zwar mein Linkes.
Seit über einem halben Jahrhundert liefern meine Augen zuverlässig wunderschöne farbige Bilder ans Hirn, lassen mich an meinem Umfeld teilhaben, zielsicher nach einem Gegenstand greifen, und auch Augenrollen können sie gut. Treu und zuverlässig begleiten sie mein Leben, und auch wenn seit über dreissig Jahren die Sehkraft künstlich durch eine Brille unterstützend verschärft wird, tun meine Augen wie selbstverständlich einen wunderbaren Dienst.
Vor ein paar Jahren fiel mir ein sogenannter weisser „Schlirgg“ im linken Auge auf, mass dem jedoch nicht allzu grosse Aufmerksamkeit zu. Tat nicht weh, störte nicht beim luegen. Ab und zu hatte ich chli rote Augen, wenns mal wieder bitz trocken war. Mit dem baldigen Erreichen des goldenen Jahrzehnts rauffe ich mich doch noch auf, dies mal einem Augendoktor zu zeigen. Er sah sich das mal genauer an, erwiderte aber, dass wenn die Hornhaut (es war damals etwa drei Milimeter gegen die Iris gewachsen, hat aber diese nicht erreicht), nicht weiter wachsen würde, man es durchaus beobachten, aber nicht behandeln müsse. Es hat ja mein Sehfeld nicht beeinträchtigt, und man musste mir schon tief in die Augen gucken, um diesen Schlirgg zu beachten.
Als ich dann ein Jahr später wieder meine Augen kontrollieren lies, war der Pterygium (Der Fachbegriff für das Flügelfell, respektive die Hornhautverwachsung), um einen Milimeter weiter Richtung Iris gewachsen. Auch das andere Auge zeigt Anzeichen für ein söttiges Flügelfell.
Nein ich bin weder Asterix noch Hermes!
Diese Wucherung kann genetisch bedingt hervortreten, oder auch durch starke UV-Stahlungen der Sonne ausgelöst werden. Ich muss zugeben, Sonnenbrillen tragen ist nicht so meins, erst vor wenigen Jahren habe ich mich durchringen können, mir meine erste korrigierte Sonnenbrille anfertigen zu lassen.
Henu, ich habe nun diese Wucherungen, und wenn ich nichts tue, würde das bald meine Sehkraft beeinträchtigen.
Das will ich nicht!
Mein Augenarzt operiert nicht selber, verweist mich aber an die Augenklinik in Luzern, die mir einen Termin für eine Voruntersuchung zukommen lassen sollten.
Irgendwie ging diese Anfrage seinerseits zweimal unter, ich musste mich nach acht Wochen Funkstille und zwei weiteren nochmals beim Augenarzt melden, der dann den Termin abermals in Luzern nachfragte.
Nach fast einem halben Jahr warten hab ich dann am 29. Januar diesen Jahres einen Termin zur Voruntersuchung in Luzern gekriegt.
Gut hatte ich Zeit, und waren keine Schmerzen oder visuelle Beeinträchtigungen vorhanden.
Die Klinik in Luzern ist brandneu, schigg und mit Kaffeemaschine auf allen Etagen ausgestattet. Das Personal ist äusserst freundlich, und ich konnte mich vorab elektronisch anmelden, sehr kommod.
Der Doktor aber hatte irgendwie heute einen schlechten Tag, war unkonzentriert, oder aber mit dem falschen Fuss aufgewacht. Ich merkte, ich war hier in diesem Moment unerwünscht.
Na toll!!
Das war der erste Zeitpunkt, an welchem ich mich gefragt habe, öb ich ächt das Richtige tu, und ich mein wertvolles Auge würkli seinen Händen anvertrauen soll…
Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein.
Er erklärte mir den OP-Vorgang und machte mir aber grad klar, dass sich an meiner Sehkraft nichts ändern werde. Immerhin entschuldigte er sich wegen der langen Wartezeit vom Sommer bis jetzt. Im zwei Wochen werde er selbst die OP vornehmen….. Aber hier schlug Murphy wieder zu, niemand hatte gleichzeitig mit dem heutigen Vorbesprechung einen OP-Termin reserviert.
Er entliess mich mit einem „Ich kümmer mich drum, sie hören von uns“…
Es war ein komisches Gefühl, aus der Klinik zu gehen mit der ganzen Info, wie die Operation verlaufen würde, aber nicht zu wissen wann sie denn sein wird.
Neben einem Foto des Auges (—>Titelbild, schwach sichtbar das Flügelfell links), gabs dann noch auf dem Nachhauseweg auf der Autobahn ein Foto von der Geschwindigkeitspolizei für 40.-.
Fantastisch, was für ein besch… Tag!
Dann Tage später endlich flatterte der Termin für die OP ins Haus. Der Dienstag nach Pfingsten. Also auch schon Mitte Juni.
Das waren aber schon ganz lange zwei Wochen…
Chunnd ächt das guet??!!
Endlich war‘s soweit.
Der 10. Juni.
Heute.
Langsam wurde ich richtig nervös, ich bat den Doktor an der Vorbesprechung, mir doch etwas zur Beruhigung zu geben, eine Vollnarkose sei ja leider nicht vorgesehen.
Die letzte Stunde zuhause bin ich nur noch sehr unruhig durch die Wohnung getigert. Der Termin war um 14.00 Uhr. Was aber ungewöhnlich für sonstige Spitalbesuche ist, dass ich bis zum Termin am Nachmittag essen, trinken und meine Medikamente nehmen konnte. Wer schon mal ins Spital musste, weiss was ich meine. Nüchtern kann extrem anstrengend sein!
Ich hatte mit Mami und Mike eine ganz liebe Begleitung, welche mich mit dem Elektroauto ins Spital nach Luzern fuhren.
In der Augenklinik wurde ich sehr freundlich begrüsst, bekam ein Armbändeli mit meinen Daten, einen Klebestreifen übers linke Auge (nicht dass sie mir noch das Knie operieren, hihi), und eine beruhigende Pille, oder wars ein Placebo?
Gewirkt hatts ämel nid…
Bald wars soweit, ich sagte tschüss, bis bald Mami und Mike und wurde in die Umkleidekabine begleitet. Hier deponierte ich Tasche und Jacke, die Kleider durfte ich anbehalten. Es gab Schuhüberzieher, und ich durfte im Vorzimmer Platz nehmen.
Ganz alleine gelassen, kamen da wieder meine Zweifel hoch…
Soll ich nicht einfach aufstehen und gehen, weg von hier, mich im Dunklen verkriechen?
Ich hab‘ doch Angst! Die Spritze, das Rumgeschneide am Auge, und ich muss ja zueluegen..!
Nein, Remo! Das ziehst du jetzt durch!!
Nochli mit beiden Augen rumluegen, wer weiss wann ich das wieder so kann.
Öb ich das jemals wieder kann?
Leider war die Umgebung langweilig und weiss, ich wäre so was von froh um eine Ablenkung gewesen, sogar ein Wandtattoo oder ein langweiliges Birkenwaldbild hätte mir schon gereicht.
Aaargh!
Ich wurde dann abgeholt und durfte mich aufs Bett setzen. Mit Häubchen auf dem Kopf sass ich nun da, die liebe OP- Vorbereitung fragte mich nach Namen und Grund, kümmerte sich sehr gut um mich. Ich durfte mich hinlegen und er stellte das Bett so ein, dass es wirklich bequem war. Sogar ein Kissen wurde unter die Knie gelegt! Ausserdem gabs eine gewärmte Decke. Ich dürfe ruhig noch etwas die Augen schliessen. Als dann der OP frei wurde, hat man mich reingeschoben und mir alles Gute gewünscht.
So herzig.
Nun war mein Doktor hier und freundlich begrüsste er mich. Huh! War das der gleiche Doktor wie Ende Januar? Kann das nicht 100% sagen , die Maske verdeckte sein halbes Gesicht und die Brille war auch eine andere.
Er berührte mich leicht an der Schulter stellte sich vor und war sehr freundlich und gesprächig.
Der Doktor kam gleich zur Sache, betäubt mein linkes Auge mit einer Flüssigkeit.
Uff! Gut!
Keine Spritze!!
Dann deckt er mein Gesicht ab, nur das linke Auge war für ihn noch sichtbar. Er machte einen Unempfindlichkeitstest in meinem linken Auge, und wartete ein Momäntli bis die Betäubung wirkte. Ich bekam einen Spreizer, denn Blinzeln, das lag nun beim besten Willen nicht mehr drin.
Hier folgt der versprochene, etwas grüselige Teil, wer jetzt schon Augenwasser hat, soll den folgenden Absatz überspringen….
Mit dem Skalpell schnitt er über dem Flügelfell die Hornhaut weg. Weil das Auge auch Blutbahnen enthält, wurde noch Blutstiller eingesetzt. Danach schneidet er das Flügelfell raus. Ich konnte (musste!) alles mitansehen, gut wars chli verschwommen und gespürt hab ich glücklicherweise auch nichts. Nun hantiert er mit einer Art Dremel -lach nicht!- und hat damit die Kanten abgeschliffen. Jetzt musste der Doktor einen Bitz Hornhaut unter meinem Augendeckel entfernen, um ein Transplantat für das Loch mit dem herausgenommenen Flügelfell zu erhalten. Er setzte dies ein und vernähte mit feinem Faden die Hornhaut. Und zum Schluss über allem eine Schutzlinse drüber, damit die Nähte nicht am Augendeckel kratzen. Diese Linse werde ich etwa zwei Wochen noch tragen müssen.
Wer‘s wissenschaftlich genauer und weniger gruselig- weil warscheinlich weniger verständlich- möchte, gerne hier der offizielle Bericht:
Lidsperrer. Unterminieren und Absetzen des skleralen Pterygiumanteils. Blutstillung mit wetfield-Kauter. Präparation und Exzision der Tenonkapsel im skleralen Pterygiumbereich. Avulsion des Pterygiumkopfes. Glätten der Hornhaut. Dissektion eines freien Bindehauttransplantats aus der superioren bulbären Bindehaut. Spannungsfreie Adaption des Bindehauttransplantates im skleralen Bett mit 10-0 Vicryl Einzelknopfnähten. Tobradex Augentropfen, Verbandskontaktlinse.
Voilà!
Und schon bin ich nach bloss 30 Minuten wieder draussen, der Doktor hat all seine Handgriffe ruhig kommentiert und immer informiert, was er jetzt genau tut.
Ich habe die grösste Hochachtung, wie ruhig und sicher er diese OP durchgeführt hat.
Und er hat mich zweimal gelobt, dass ich „so gut nach links unten“ geguckt habe, das mache die OP viel leichter.
Hihi.
Mit geschwelltem Auge, äh geschwellter Brust verliess ich mit einem sehr guten Gefühl auf dem Bett liegend den Saal.
Das Wichtigste für mich kam jetzt:
Wie sehe ich mit dem operierten Auge?
Sehe ich überhaupt was?
Und ich staune, es ist bitz verschwommen von der Betäubung, aber Farben, Formen, alles wie gewohnt wieder da!
Ein innerer Jauchzer erfüllt mich, bin grad mega häppy.
Und eine Augenklappe gibts auch nicht, das finde ich speziell, aber gut!
Die Schwester begleitet mich zur Umkleidekabine, gibt die Tasche mir in die Hand und nimmt die Jacke mit. Ob ich gerne Wasser/Tee oder einen Kaffee hätte?
Huh? In welchem Luxusressort bin ich den hier gelandet?
Ich solle im Wartsaal Platz nehmen, sie bringe noch die Medikamente.
Und den Kaffee.
Liebevoll erklärt sie, dass ich die mitgegebenen Schmerzmittel ruhig nehmen solle, wie ich die Schutzkappe für‘s Auge in der Nacht am besten anbringe und öb ich denn abgeholt werde. Sie nimmt mir die Überzieher und das Armband ab, und wünscht mir alles Gute.
Heieiei! So eine Behandlung! Wau!
Der gesamte Aufenthalt in der Klinik war äusserst angenehm und das Personal liebevoll! Die OP „angenehm“ . Fast würde man gerne morgen wieder kommen…
So jetzt!
Genug!
Raus aus der Klinik!
Oben an der Treppe stand schon Mami, und Mike führte uns wohlbehalten nach Hause, wo wir bei Kaffee und Wasser chli plauderten. Bald drauf verabschieden sich die Zwei- Herzlichen Dank fürs Fahren und bei mir dabeisein. Ist für mich nicht selbstverständlich und auch mega wertvoll!
Ich war dann plötzlich wieder alleine, und voll guter Eindrücke. Das Auge war nochli ramponiert und rot, aber in den nächsten Tagen erholte es sich erstaunlich schnell.
Ich hab echt mit einer Augenklappe und Watte auf dem Auge und tageweiser blind Rumtapserei gerechnet, bin umso mehr froh, so gut „davongekommen“ zu sein!
Jetzt heisst es rekonvaleszieren. Immer wieder ertappe ich mich, wie ich mich (mein Auge) überfordere, und zu schnell in den Alltag zurückwill.
Lass dir doch die Zeit, mein Guter.
Das soll doch gut verheilen!
In zwei Wochen kommt die Linse weg. Die Fäden sollten sich selbst auflösen (??).
Gucken wir mal.
Mann! Was für eine Odysee…
Wann kommt das zweite Auge dran?
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