Heute möchte ich dich mitnehmen, tief, tief in den Berg, und möchte dir was Wunderschönes zeigen, was die Natur zustande bringt.
Ich erzähle dir von der Kohlbodenquelle in der Nähe der Höllgrotten Baar- Schiinz der einzigen begehbaren Trinkwasserquelle der Schweiz. Normalerweise gut verschlossen und versteckt in unwegsamen Gelände nimmt Otto Normalverbraucher keine Notiz, dass hier- grad hier- eine ungeheuer grosse Menge Quellwasser gefasst und nach Zürich geleitet wird.
Die Quelle liegt im Kanton Zug, genauer in der Berggemeinde Neuheim. Wie kommt denn die Stadt Zürich auf «fremden» Territorium zu einer Quellwasserfassung? Nun, damals wurde das Nutzungsrecht der Quelle gegen sozusagen ein Butterbrot den Zugern abgekauft. Früher, also so um 1895 rum, wurde Zürich immer grösser, die Wasserressourcen rund um die Stadt reichten nicht mehr. So streckt man die Finger aus nach ertragreichen Trinkwasserquellen. In den Flusstälern der Sihl und Lorze wurde man fündig, und obwohl ausserhalb der Kantonsgrenze, Quellen dazugekauft. Einerseits kam dieser Handel zu Stande weil das Gebiet sehr abgelegen von jeder Zivilisation war, und andererseits der damals noch mausarme Bauernkanton Zug Geld sicher nötig hatte.
So steuern «wir» einen grossen Teil des Trinkwassers der Wirtschaftsmetropole bei- Es fliessen unglaubliche 25’000 bis 28’000 Kubikmeter pro Tag (und damit eine der grössten Quelle der Schweiz) des kostbaren Gutes in die Brunnen und Reservoirs von Zürich.
Futterneid wär hier total falsch, wer gibt uns das Recht, zu behaupten, das Wasser gehöre einzig und alleine uns. Viel globaler ist es doch, sich an dieser Meisterleistung der Ingenieurskunst zu freuen. Und teilzuhaben an einer Führung. Die ist nämmli extrem spannend und sehr lehrreich!
Als Jubiläumsanlass der Wasserversorgungsgesellschaft Zürich haben verschiedene Reservoirs der Stadt Tage der offenen Türen und lassen einem tief ins klare Wasser blicken- Nicht alltäglich – Eine Hammersache.
Zufälligerweise -das gute alte Zeitungsinserat- krieg ich mit, dass eben diese Quelle im Lorzental gezeigt wird. Diese einmalige Gelegenheit wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Und so stellen wir unseren Hubi an der alten Spinnerei in Baar auf dem Parkplatz ab. Schon wartet ein Shuttlebus auf uns- Wau! Super Organisation! Er fährt mit uns zum Eingang der Höllgrotten Baar- Dies- so als Zwischentipp- ein lohnender Ausflug, vor allem im heissen Sommer, immer wieder ein Erlebnis. Nur nicht Sonntags im Sommer- Wenn Kreti+Pleti da rein will.
Hier, tief im Taleinschnitt, gleich neben der Lorze gehts gäch hoch, gut beschildert führt uns der Weg zu einem Pumpenhaus. Drin ein erstes Highlight, ein sogenanntes Perpetuum mobile- Ein Pumpwerk, welches gefasstes Wasser aus tieferliegenden Quellen mit Wasser aus den höhergelegenen Quellen mit Wasserkraft auf 550 M.ü.M pumpt, um über den Berg Richtung Zürich fliessen zu können.
Hier nochmals chli Zeit um den letzten Satz zu verstehen (eventuell nochmals zu lesen…).
Genial, wie es schafft, schnauft und pumpt.
An einer grossen Wand werden wir begrüsst, und vom Vermessungsamt kompetent an Anschauungstafeln unterrichtet, was hier in dieser Quellfassung passiert, wofür die Quellen gebraucht werden und auch sonst noch wird viel Wissenswertes vermittelt.
So eben, dass das hier gefasste Quellwasser in einer separaten Leitung nach Zürich läuft, um die über 80 bronzenen Trinkwasserbrunnen der Stadt zu speisen. Und im Falle eines Stromausfalls trotzdem weitersprudelt (dank natürlichem Wasserdruck), und als Anzapfhahnen für Notwasser dienen würde.
Kool, muss mir die Teile mal genauer angucken gehen, wenn ich mal wieder in der Stadt bin…
Ein weiterer steiler Weg führt uns zum höhergelegenen Stolleneingang. Auch hier kompetentes Personal, welches die wartende Menge zu beschäftigen weiss.
Es werden nur 15 Leute aufs Mal den Stollen betreten können, drum eine kleine grosse Ansammlung Intressierter am warten hier.
Ausgerüstet mit Gummistiefel, wasserabweisender Jacke und Bauhelm gehts dann endlich los!
Die Stiefel mit Javelwasser desinfizieren, es ist Trinkwasser, über welches wir schreiten. Über eine Brücke -zwei Becken sind gefüllt mit klarsten Quellwasser- treten wir schliesslich in den Stollen. Nach links geht ein 25 Meter langer Stollen weg, im Boden ein Betonrohr, welches das Quellwasser fasst. Hier kann man nicht rein- wir wenden uns nach rechts, der zweite Stollen, über 280 Meter lang, dieser ist elektrisch beleuchtet.
Wir gehen auf dem Betonrohr, im Wissen, dass da unter uns feinstes Wasser fliesst. Und es fliesst auch, auch wenn wir seit über einem Monat keinen nennenswerten Niederschlag hatten, denn das Wasser braucht 10 Jahre, bis es durch die Gesteinsschichten gefiltert und gereinigt wird! Auf dem Boden sind grosse Kieselsteine- man fühlt sich als Eindringling in die natürliche Filteranlage, welche seit jeher fantastisch funktioniert.
Es tropft immer und überall, oben, zur Wand aus, versickert unter unseren Stiefeln ins Rohr- faszinierend!
Am Ende des begehbaren Ganges angekommen, zeigt uns ein Mitarbeiter die Quelle, welche hier zur Wand rauskommt, eine Lehmschicht, leicht schräg zum Stollen verhindert ein weiteres Versickern des Wassers, so dass es hier aus der Wand läuft und im Rohr am Boden gefasst werden kann.
Absolut faszinierend!!
Eindrücklich, eindrücklich. Es macht einem mal wieder bewusst, wie kostbar Wasser sein müsste, und wir den Umgang mit ihm besser einteilen müssten. Lässt uns innehalten, um respektvoll den Bauhelm zu ziehen, und sich vor der grossartigen Natur zu verbeugen.
Der Retourweg war nicht minder interessant, gut haben wir Bauhelme auf, es hat viele Gelegenheiten, sich eine neue Deformierung des Schädels einzufangen.
Wieder draussen in der Schleuse den Helm, die Jacke und die Stiefel abgegeben- Herzlichen Dank an die sehr interessante und kompetente Führung- gehen wir wieder zum Pumpenhaus runter, wo wir uns einen kleinen Imbiss gönnen- Verpflegungsstände runden die ganze Sache auch kulinarisch an. Wir lassen das Erlebte nochmals durchlaufen- Sehr sehr eindrucksvoll!
Wieder unten im Tal hats nochmals einen Stand der Wasserversorgungsgesellschaft Zürich. Diese werden von uns belagert, es gibt Bücher/Karaffen/Decken zu kaufen, und wir werden mit weiteren interessanten Informationen eingedeckt.
Mal sehen, ob wir das Seewasserwerk Moos in Wollishofen anschauen gehen, wenn es auch offene Türen hat. Wär emu mega interessant. Der Termin ist notiert.
So warten wir vergnügt auf den Shuttlebus. Wieso eigentlich? Ein wunderschöner Wanderweg der Lorze nach führt uns nach einer Dreiviertelstunde gemütlichen spazierens retour zur alten Spinnerei, wo unser Auto wartet.
Toll! Einfach toll!
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