Zu dieser Story muss ich chli ausholen, weil sonst tscheggt es nur mein Mami und ich.
Mein Grossvater mütterlicher Seite war lange Sakristan in der Stadt Zug. Er tat alles, was so ein Sigrist halt so tut: Er hält das ihm zugeteilte Gotteshaus im Schuss, öffnet und schliesst es täglich. Schaut, dass geheizt wird, die Lampen brennen, mäht den Rasen, recht Laub, schaufelt Schnee… Im Innern sind sicher die Vorbereitungen für Gottesdienste oder kulturelle Veranstaltungen der Hauptharst seiner Arbeit. Die Chilebutzete, das Zählen des Geldes im Klingelbeutel, das Öffnen des Messweines, das Horten des Kirchenschatzes… Unzählige Ämtlis beinhalten das Amt eines Sakristanen. Heute würde man sicherlich Facility Manager dazu sagen. Ich habe ihn dafür immer bewundert, so vielfältig und selbstständig.
Oft waren wir, als wir denn genug gross waren, in dieser wunderschönen Kirche St. Oswald. Halfen beim Wachsauskratzen der Opferkerzlis, Verteilen der Gesangsbücher, Zählen der Geldmünzen der Kollekte- Oder einfach beim Zuschliessen der Kirche. Ein Highlight war sicher der Gang über den Turm hinauf zur Orgel, oder das Bestaunen des Kirchenschatzes. Oder noch per Knopfdruck das Kirchengeläut zu starten. So lernen wir das im 1478 errichteten Gebetshaus sehr gut kennen, es gibt nicht viele Winkel, in denen wir zwei Buben nicht waren.
Manchmal durften wir auch mit go cherznen, auf Kerzentour. Wir versorgten bis kurz vor Basel Kirchen mit Opferkerzli. Ich nehme an, dies war ein Zusatzverdienst, ich weiss es nicht. S war ämel immer lässig mit Vati.
Gewohnt haben meine Grosseltern gleich neben der Kirche, im Pfrundhaus Sankt Anna. Ein kleines hübsches Haus, für uns Grosskinder ein Paradies, gabs doch soo viel zu Entdecken. Und Weihnachten in der Oswaldsgasse- Das wird mir immer in guter Erinnerung bleiben.
Wenn wir nach draussen gingen, hatten wir ebenfalls ein veritables Paradies für uns. Der Innenhof war vorne und hinten einerseits durch die zwei Häuser und gegenüber mit der Burg geschlossen, eine Seite, gegen den Burgbach schliesst eine Mauer ab, und die letzte Seite- gegen die Kirchenstrasse- auch eine Mauer. Ideal um drauf zu liegen und Schneebälle an die Kirche zu werf… –Aber, aber, aso so was…!
Der Platz ist recht gross, zwei grosse Pflanzblätz sind vor den Häusern, ein verwilderter Baumgarten, mit Williamsbirnen (inkl. Glasflaschen drum) laden ein, für Zeitvertreib und Spiel und Spass.
Ein Paradies- und das zmitzt in Zug!
Und in diesem verwilderten Ort -sagen wir mal ein halbes Fussballfeld gross- stand eine etwas komische Holzhütte. Verfallen und irgendwie nicht wirklich passend zur Umgebung.
Da drin hatte Vati seine Werkstatt, da wurde gehobelt, gefräst, gebastelt und geflickt. Manche innovative Idee, entsprungen aus dem sehr kreativen Kopf, wurden hier in die Tat umgesetzt. Im hinteren Teil waren die Weihnachtskrippe der Kirche, ausgemusterte Säulen und anscheinend sogar alte Kirchenfenster gelagert. Sozusagen ein Depot. Ab und zu dürfen wir reingucken in seine Werkstatt.
Die Zeiten gingen vorbei, meine Grosseltern zügelten nach der Pensionierung in ein anderes Quartier- war dieses Haus doch für den neuen Sigrist gedacht.
So behalten wir diesen Ort als sehr erinnerungswert, haben wir da unzählige Mal «Gschwellti mit Chäs» genossen, Bescherung inkl. einstudiertes Krippenspiel feiern dürfen, oder Sonntags gespannt am Fernseher die Sendung mit der Maus sehen dürfen (Den Sender hatten wir zuhause nicht).
Meinen Unfall als 3-Jähriger, als ich mit dem Dreirad die Eingangstreppe zum Aussentor runterfiel, und mit ichweisnichtwievielen (7 oder 8?) Operationen monatelang im Spital verbrachte, habe ich unbeschadet überstanden- Die Treppe wurde 30 Jahre später entfernt, als der Hof frisch gepflastert und ein Baum gesetzt wurde.
Ich war nie mehr in dem Haus- gehört sich irgendwie nicht, da iz ein anderes Leben nun drin stattfindet (Hätte es au nid so gerne, wenn mein Vormieter in meiner Wohnung rumtschalpen würde).
Aber bei sporadischen Besuchen in der Burg Zug -Lohnt sich würkli- hab ich auch in diesen Hof geblinzelt, drum weis ich das auch wegen der Pflästerung.
Per Zufall kommt mir letschti ein Artikel in die Hand.
Da steht was von Renovierung der Bauhütte St. Oswald? Hä? Diese Rumpelchiste? Dieses Providurium?
Erstellt wurde die Bauhütte im Jahr 1929. Sinn und Zweck dieser Bauhütte (wie der Name treffend sagt), war die Bereitstellung einer Werkstatt für die Instandsetzung der Kirche, vorallem Steinbildhauerisch gesehen (Auswechseln schadhafter Steine, abgebröckelten Figuren, e.t.c. ). Man hatte an mehr als ein Dutzend grossen Kirchenbaustätten wie Bern, Fribourg und sogar Köln nachgeschaut, wie es da mit Kirchenrenovationen gehandhabt wird, und eine Bauhütte war schnell beschlossen, und da nur von provisorischer Dauer, sogar ohne behördliche Baubewilligung aufgestellt.
Der Zerfall des vom Lothenbach am Zugersee stammenden Sandsteins war auch 450 Jahre (!) nach dem Bau der Kirche in einem sehr guten Zustand, so dass man sich auf das Restaurieren der Figuren, Ornamente und Feinarbeiten konzentrieren konnte. So kam ein Steinmetz in die Bauhütte. Nach getaner Arbeit zog dieser dann weiter, einer anderen Aufgabe entgegen. Zurück blieben alte Säulen, Figurenfragmente, Staub, Sonstiges. Und ein mit Licht durchfluteter Raum. Die Bauhütte fiel in einen Dornröschenschlaf.
Die Bauhütte- zwar sehr stattlich und eigentlich illegal, geriet ins Vergessen, für Vati der ideale Ort für seine Werkstatt. Kulissen fürs Weihnachtskrippenspiel wurden bemalt, Vitrinen abgeschliffen, Plakattafeln für das Langlaufrennen auf der Egg konstruiert. Für uns Kinder dazumals noch wenig interessant- Heute wär ich Feuer und Flamme für diese Werkstatt.
Und eben, so schreibt das Lokalblatt, sei dieses baufällige provisorische, im wilden Garten stehende Gebäude renoviert worden.
Oh!
Dann ein Anruf von Mami- Es sei Tag der offenen Tür in der Walserhütte- Da sind wir doch subito dabei!!
Oh!
Mit etwas gemischten Gefühlen betreten wir den Innenhof- Sofort versucht das Gedächtnis, den Zustand von anno dazumal herzustellen- waren die Häuser nicht mal grösser? Die Bauhütte strahlt in neuen Glanz- aussen wurde an der Form nichts verändert. Toll. Innen ist ein wirklich wunderschöner Raum, mit Küche und sanitären Anlagen. Zwei gut erhaltene Kirchenfenster wurden in die Wand eingelassen und hinterleuchtet.
Durch die drei grossen Fenster stirnseitig sieht man auf die beiden Wohnhäuser. Wahrscheinlich nicht all zu angenehm für dessen Bewohner. Fühlt man sich sicher doch beobachtet…
Nicht mein Problem.
Man hat den Raum geöffnet, die Zweiteilung geschickt vereint- es ist ein Raum geworden. Warm und behaglich.
Der Gang durch die verschalte Aussentreppe hinauf zum Estrich zeigte, wieviel altes Material noch drinsteckt- Ey die Hütte ist fast 100 Jährig!!!, und die geschickte Verwendung neuen Holzes. Cool.
Draussen ist der Wildgarten mit den Williamsbirnenbäumen weg. Rasen, ein Kiesweg und lauschige Plätzchen laden zum Verweilen draussen ein.
Wir finden, eine äusserst gelungene Sache, da ist ein richtiges Bijou entstanden.
Die Idee, der Kirchgemeinde, dieses Lokal nach Gottesdiensten den Kirchgängern zu öffnen, Kaffee und Kuchen anzubieten, finden wir auf jeden Fall sinnvoll.
Da war jahrelang Brachland.
Auch wenn vieles unklar noch ist, über weitere Verwendungsmöglichkeiten- Wir sind begeistert, was hier geschaffen wurde.
Und uns-trotz komplett neuem Innenausbau- wunderschöne Erinnerungen hervorruft.
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