Wir freuen uns auf eine interessante Besichtigung, lud doch die Stadtverwaltung der Stadt Zug ein, ihr neues Bürogebäude an der Gubelstrasse zu besichtigen.

Nichts Weltbewegendes, nichts wirklich Interessantes, nur langweilig, denkst du?

Ja, stimmt schon, Büroräume angucken und Verwaltungsapparate anschauen- Da gibt’s sicher prickelnders.

Wäre da nicht der Standort, das Gebäude, welches eine mit der Stadt, dem Kanton immens bedeutende Funktion, ja Identifizierung hat.

Denn die gesamte Verwaltung, bis dato verteilt in der ganzen Stadt wird an einem Ort zentralisiert, möglich war das durch einen umstrittenen Kauf (52,23 Millionen Schweizer Franken) im Jahr 2012 des ehemaligen L&G–Verwaltungsgebäudes beim Bahnhof Zug.

Die Landis & Gyr. Eine beispiellose Geschichte vom 20-Mann-Betrieb zum Weltkonzern. Die auf Herstellung von Wechselstromzählern spezialisierte Firma wuchs seit Gründung 1896 kontinuierlich, die Liegenschaft an der Hofstrasse (praktischerweise neben dem Knabeninstitut= billige Arbeitskräfte) wurde bereits mehrmals ausgebaut, aber wiederum war der Platz zu eng, und der Standort im Süden der Stadt ungünstig.

Also schaute man sich an Gleisnähe in Zug um. Und aquirierte ein genügend grosses Gelände gleich beim Bahnhof. Die Shedhallen und das markante Verwaltungsgebäude wurde nach dem ersten Weltkrieg hierhin in die grüne Wiese gesetzt, eigentlich irregulär, denn eigentlich erlaubte der damalige Zonenplan auf diesem Gebiet keine Industrie. Die mittlerweile zum wichtigsten Arbeitgeber des Kantons gewordene Landis & Gyr machte dermassen Druck, und drohte mit Wegzug, dass dem damaligen Regierungsapparat nichts anderes übrigblieb, als den Fabrikbau zu bewilligen.

Was darauf folgt, war beispiellos gigantisch für den kleinen Kanton Zug. Die auf Stromzählerherstellung spezialisierte Firma wächst in einem gewaltigen Ausmass- wird inzwischen zum Wirtschaftsmotor. Für Zug eine wichtige Entwicklung, gab dies den Schub, weitere Firmen wie die V-Zug, Metalli, Kistenfabrik, undsoweiter hier anzusiedeln zu lassen.

Auch hat ein jeder Einwohner sicher selber oder einen nahen Verwandten, der für das Unternehmen arbeitete. Auch mein Grossvater arbeitete hier im Büro. Mein Mami verdiente sich in der Sekundarstufe in den Sommerferien mit Couverts beschriften chli Sackgeld, und sogar ich war mal kurzzeitig unter L&G Vertrag, als ich Telefonkarten im Flexodruck fertigte.

Dieses Areal war bis vor gut 20 Jahren von Aussen abgeriegelt und von einem Portier bewacht, ich erinner mich gut daran. Auch das ich im imposanten 6-stöckigen Verwaltungsgebäude mit den vielen Fenstern mich beim Personalchef vorstellen musste.

Inzwischen ist der Glanz der Firma ab, die einzelnen zersplitterten Sparten wurden in alle Welt verkauft, der grösste Teil ging über Umwege an die deutsche Firma Siemens. Der traditionelle Namen Landis & Gyr verschwand nie ganz, ist aber heute unter der Führung von Toshiba nur noch ein kleines Fragment seiner selbst.

Was blieb, ist das riesige Produkionsgelände, mit Shedhalle, verschiedenen Bauten, das Portierhäuschen und eben das markante, zirka 12’000 m2 grosse Verwaltungsgebäude.

Auch wenn Siemens ihre in der Schweiz verteilten Standorte nun stetig nach Zug konzentriert, das Verwaltungsgebäude und auch das Gelände ist einfach viel zu gross.

So kam das Verwaltungsgebäude in die Hände der Stadt Zug, welche nun hier ihre neue Schaltzentrale eingerichtet hat.

Und diese Verwaltung veranstaltet nach der Züglerei der Stadtdepartemente aus diversen Gebäuden nun hier einen Tag der offenen Tür.

Wir möchten mit den Velos gehen, müssen uns aber bis mittags gedulden, der Nebel hält sich hartnäckig, trotzdem möchten wir nicht mit Nebelhorn den Weg bahnen müssen.

Als es dann aufklärt, machen wir uns auf den Weg, wir zwei aus Hünenberg, Mami und René von Baar aus. Herrlich und viel zu schnell stehen wir bereits 30 Minuten später vor dem Haupteingang des Stadthauses. Es hat nicht allzuviele Leute, um zehn Uhr war schiinz ein reges Gedränge.

Wir gehen auf den Rundgang, bewundern die einzelnen Büros, und selbstverständlich auch den zahlreichen Kunstbilder/Gegenstände. Mir haben die «Vasen» von Markus Uhr (dieser hat übrigens meinen Jahrgang) sehr gefallen. Vasen in Form bekannter Hochhäuser von Zug, wie der Glashof, die Tobleroneblöcke, die Obermühle Baar.

Gefällt mir!

Sehr!

Man hat dem denkmalgeschützten Haus auch innen die bestehende Struktur gelassen, das heisst ein langer Mittelgang, und links und rechts grosse offene Büros. Mit gutem Farbkonzept, und vielen Bildern an den Wänden. Also hier würde ich auch gerne arbeiten. Pausenräume mit kleiner Küche, Kafimaschine, und Sitzgelegenheiten wirken gemütlich. Auch hats überall so Kojen, in denen man schnell die Köpfe zusammenstecken kann, um was zu besprechen. Es ist überhaupt sehr übersichtlich, mancheiner wird Mühe haben, wenn er vorher ein Einzelbüro hatte. Dem Gebäude wurde bewusst Luft gelassen, die Treppenhäuser sanft renoviert, den Mosaikbelag am Boden aufgefrischt.

Die Wasserleitungen in Wänden und Decke wurden belassen, und ist dadurch als Heizung/Kühlung gut im Schuss. Auch hat die Vorbesitzerin immer wieder investiert, und so kann die Stadt ein gesundes Fundament übernehmen.

Gesamthaft gefällt der Bau und die Einrichtung, macht eine «gute Gattung». Hierhin kommt der Bürger gerne mit seinen Anliegen. Wir durften sogar in den Stadtratsaal, wo uns der Projektleiter Umzug und Stadtschreiber einige Fakten mitteilen konnte. Wir kannten den alten Saal am Kolinplatz, der Raum war grässlich und mit Holz und bunten Glas sehr im 80er Jahre Stil. Üüüüh!! Auch im Haus Zentrum, welches ja abgerissen wird, waren wir dieses Jahr angucken, hab ja darüber geschrieben. Auch hier war die Umgebung nicht allzu angenehm.

Ganz anders das neue Stadthaus: Hell, freundlich, teuer.

Das angepriesene Stadtmodell von Zug haben wir leider nicht gesehen..

Eventuell ein ander Mal??

Wir treten wieder aus dem Gebäude, voller Eindrücke der Kunstwerke, den Büros und ein Foto mit Pepper. Toll.

Gönnen uns einen offerierten Süssmost, sowie den Kunstführer der besichtigten Werke im Haus. Als Bettlektüre sozusagen.

Da wir schon auf dem Areal sind möchten wir noch ein anderes Ding erkunden, bin schon länger «heiss» drauf: Hinter dem Verwaltungsgebäude steht die Shedhalle, einst Fabrikationsort unzähliger Zähler, und mit fast 8000m2 eine immens riesige Fläche. Hier hat sich was Einmaliges, Provisorisches eingemietet. Bis im Jahr 2022 hat sich die Organisation Freiruum als Zwischennutzer hier in den alten Hallen eingemietet mit einem oberkoolen Projekt. Während ein Teil als Eventhalle (für um die 17900 Personen) gemietet werden kann ist ein anderer Teil als Boulderhalle (eine der grössten der Schweiz) eingerichtet. Hier kann nach Herzenslust geklettert, abgeseilt, geworkout-ed werden. Ein Indoorspielplatz für Kids steht auch zur Verfügung. Ein Sockengeruch und Kindergejauchze steht im Raum, immer wieder neue Familien kommen hier rein, lassen Kinder austoben, und Eltern die Wände hochgehen. Die Durchmischung ist ein gutes Konzept, nach drei Monaten der Eröffnung scheint dieser Bereich bereits chli etabliert zu sein.

Was uns aber am besten gefällt ist die Halle in der Mitte, die Genusshalle. Hier hat’s Sitzmöglichkriten, viele diverse Essstände, und Sitzungsräume. Dank kostenlosem W-Lan kann auch eine geschäftliche Sitzung oder ein kreatives Mindmapping stattfinden. Die verschiedenen -ich sag mal Kochinseln- bieten leckeres aus aller Welt an, von Momo über japanische Nudeln zum Hamburger, oder gar einer Bäckerei/Konditorei, eine grosse Auswahl. Ein Naturmarkt, an dem wirklich saisonale Produkte gekauft werden können. Oder da änen werden Kochkurse angeboten. Oder die Zapfhahn- Wand, aus dem es auch lokales Bier aus Cham gibt.

Jeder der Stände ist ein eigenständiger Kosmos, es ist ein jeder auch selbstständig und arbeitet auf eigenem Konzept. Auch ist alles mobil, kann ohne grossen Aufwand verschoben werden.

Wir genehmigen uns einen feinen Hamburger mit Pommes, sehr frisch und sehr lecker.

Bezahlt wird übrigens bargeldlos. Und wer nur Bargeld hat, kann es kostenlos auf die Freiruumkreditkarte laden, und damit dann überall bezahlen.

Klar gibts noch Probleme, wenn der EC-Server den Geist aufgibt, und bewusst macht, wie abhängig wir von der Elektronik sind, weil nicht mehr bezahlt werden kann.

Jedoch ist diese ganze Struktur ja provisorisch, und Paris ist auch nicht an einem Tag erbaut worden…

Rom auch nicht.

Wir geniessen die Ambiente, am Nebentisch ist ein Kiddies Birthday- die herrliche Torte vom anwesenden Beck, die Kinder spielen und feiern, während zwei Tische nebenan der Herr mit Krawatte sein Säulendiagramm in den Laptop einpflegt.

Wir sehen eine rüstige Frau, welche zielstrebig mit Rollator ein Stück Kuchen aquiriert, um diesen am Tisch zu essen, die aktuelle Zeitung lesend. Ein kunterbuntes Miteinander, jung und betagt, richtig friedlich und belebend.

Mami und René machen sich langsam auf den Heimweg, es haben sich Gäste angemeldet. Wir bleiben nochli, und schweben in dieser kreativen Wolke. Es wird die Boulderhalle erkundet, das Kinderparadies- puuuh, also das mit den Söcken ist aber olfaktorisch chli fest grenzwertig, wir sind froh, mal nach draussen treten zu können, Frischluft!

Ich möchte noch die Zigarren Smoking Lounge begüxeln, in der Zeitung wird sie sehr gelobt.

Chli unscheinbar im Ecken stehen wir vor einem Schleusentor mit Taster.

Den drücken wir, das Rolltor geht auf und wir stehen in einer völlig anderen Welt. Aber statt Rauch schlägt uns ein angenehmer Geruch entgegen, das Holzambiente und die Ausstattung lässt uns suggerieren, wir seien in irgend eimem englischen Schloss bei einem Lord zuhause eingeladen, um gemütlich zu plaudern. Die Lounge ist eigentlich noch zu, aber Daniela, unsere Gastgeberin zeigt uns in liebenswürdiger Weise ihr Reich.

Wir bekommen einen Kaffee offeriert, und eine Privatlektion betreff Zigarren. Obwohl wir beide keine Zigarren rauchen, fühlen wir uns in diesen zwei Räumen sehr wohl. Was auch sehr speziell ist, sind die Toiletten (wir durften auch hier mit Daniela eine private Führung geniessen), sehr schön und stimmungsvoll sind die WC’s gemacht worden. Bei den Männern ist ein langer Werkbank, auf welchem vier Waschbecken stehen, der Eyecatcher. Bei den Frauen eine Unzahl von Spiegeln und ein Schminktisch. Diese Einrichtung wurde nur dank Sponsoring möglich, es gibt sogar Closomat. Nur musste man leider die Fernbedienung bereits entfernen, weil scheins das weibliche Geschlecht nicht damit umzugehen vermochte. Wir erfahren, dass es die erste söttige Lounge in der Schweiz ist, und dass der Inhaber der Zigarrenfirma (89 Jährig) selber vorbeischauen will. Es gibt auch hier drin Workshops zum Thema Zigarren, am Pokertisch lässt sich zocken (mit professionellem Croupier), vor dem Kamin gemütlich den Whisky schlürfen. Man darf durchaus auch Essen von der Halle mitbringen, oder einen Drink, und sich hier drin wohlfühlen.

Einzig Zigaretten, die sind hier nicht erlaubt. Eventuell der Grund, warums hier so gemütlich ist.

Man bekommt wirklich Lust, hier eine Zigarre anzuzünden, und in einen der bequemen Ledersessel zu sinken.

Auch als Nichtraucher.

Danke Daniela für deine liebevolle Führung, und den Zigarren-Greenhornkurs. Kann mir sehr gut vorstellen, hier mal etwas Zeit zu verbringen, auch ohne zu rauchen.

Wir stehen wieder in der Halle und erfreuen uns ab dem wirklich koolen Konzept, dem der Freiruum ein solides Dach bietet. Diesem bunten kreativen Treiben. Dem ruhigen, aber tollem Platz inmitten von Zug.

Genehmigen uns noch ein kleines Bierchen, und radeln gemütlich in den Sonnenuntergang Richtung Deheime.

Kategorien: Angeguckt

1 Kommentar

Berlin94 · Januar 9, 2022 um 23:30

Die Zigarren Smoking Lounge ist sehr spannend und einen Besuch wert! 😉

Schreiben Sie einen Kommentar

Avatar placeholder

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: Content is protected !!