Immer wieder hören wir von unseren Freunden, es sei «so mega schön am Sihlsprung», und «die Sihlgalerien seien absolut sehenswert».

Aber irgendwie sagt mir das grad gar nix. Ich weiss, dass der Fluss mit dem Namen Sihl aus dem Sihlsee bei Einsiedeln fliest, sich ziemlich tief eingräbt, und wild schlängelnd einen Teil der Kantonsgrenze von Zug und Zürich bildet. Am Bostadel -der Justitzvollzugsanstalt- vorbeifliesst, und irgendwie irgendwo später dann bei Sihlbrugg wieder hervorkommt. Das wunderschöne wildromantische Sihltal bildet, runter bis zmitzt in Zürich -unter dem HB durch- beim Platzspitz in die Limmat mündet. Dass, wenn der Staudamm des Sees brechen würde, die Flutwelle schiinz bis nach Zürich reichen würde.

Aber sonst eigentlich ein unscheinbarer Fluss, der nun halt mal da ist. Zum Befahren mit Booten und Schiffen viel zu klein, zum in eine Betonröhre einquetschen doch wieder zu gross.

So lässt man diesen Fluss quasi unberührt fliessen, es sind keine grossen Eingriffe Dämme oder Flusskorrekturen, welche den wildromantischeren Verlauf des Flusses stören. Eigentlich ein absoluter Glücksfall, sind wir hier im nahen Umkreis von einerseits einer boomenden Millionenstadt, anderseits sehr kostbarem teuren -monetären-Boden, welcher sich doch noch irgendwie mit scheisslichen Wohnsiedlungen (sprich Hasenställen) gewinnbringend verkaufen liesse.

Aber nein- hier ist unberührte Natur.

Schön!

Mal unschuldig bei einer Kollegin nachgefragt was denn jetzt das sei mit dem Sihldings, hiess es: Hey wir gehen bald mal «da hindere». Es habe da ein lauschiges Beizli -das Sihlmätteli- da gäbs grad feine Metzgete.

Uuuh, wieso denn nicht?!

Freudig sagen wir zu, derweil die zweite Coronawelle anrollt und mit landesweiten Regeln uns alle zu etwas Vernunft einlenken will.

Wir werden ja eh draussen am wandern sein, und sind auch echt nicht die Party-Discogänger. Oder Einkaufstempelbesucher. Es ist momentan wieder eine recht nachdenkliche und alles in Frage stellende Phase. Vorallem die choge Unsicherheit macht einem sehr zu schaffen.

Wie blöd wir doch alle sind und alles vergessen mit Corona-Abstand, wenn ein grosses Souvenirhaus in Luzern, am Ablaufdatum nahe Schoggi zum Schleuderpreis vertschuttet.

Oder ein Einkaufszentrum mit grossem Immigrantenanteil mit Fest und Tischbomben ihr 50-Jähriges Jubiläum feiert.

Die Leute kommen in Scharen!

Wie blöd!!! Echtetz!!

Ist mir klar, dass wir uns alle erst an diese für uns neue Situation gewöhnen müssen. Aber das Vertrauen in die Mitmenschen schwindet mit jeder so söttigen Meldung stets und ich frage mich echt:

Haben wir denn würkli nüd gelernt vom Frühling, dem Lockdown?

Nein!

Demfall nid!

Was auch immer in Diskussionen auftaucht, alle monieren und begreifen die Nachlässigkeit nicht. Sagen, sie halten sich an die herausgegebenen Regeln….

Sorry, würden wir alle das machen, von dem wir grossartig versprechen zu tun, wären die Klopapierregale in den Supermärkten nicht schon wieder leer….

Aber ich wollte von unserem Ausflug berichten, aber eventuell bringe ich dich auch chli zum Nachdenken. Wie schneller der Letzte (der würkli Allerletzte) mitmacht, desto weniger Wellen werden wir mitmachen müssen.

Ja.

Wir lassen das Auto auf dem Parkplatz in Sihlbrugg, wir sind in dichtem Nebel. Hat eigentlich auch seinen Reiz, denn die Laubblätter an den Bäumen und am Boden leuchten in allen Farben, und der Nebel schleicht mystisch durch den Wald.

Herrlich!

Bald an der ersten Brücke überschreiten wir das erste Mal die Sihl, oben sehen wir die Strasse zum Hirzel, das Pfarrer-Sieber-Haus (für Ortskundige, als Eckpfeiler).

Oh! Der Nebel lichtet sich, und wir sind im schönsten strahlensten, fantastisch leuchtenden Indian Summer.

Hach, das tut gut, wir saugen die wunderschöne Natur mit allen Sinnen regelrecht auf.

Das wir so schnell zum Nebel raus kommen -und das am Fluss- lässt uns fast ungläubig staunen.

Und geniessen!

Wir laufen gemütlich den Wanderweg an der Sihl entlang, sehen ein Paar Kühe weiden. Herrlich, so übers Laub zu wandern, die Sihl glitzert fröhlich in der Sonne.

Wir geniessen die Wanderung, staunen was da so nahe an Zuhause, bis dato unbekannt geschlummert hat. Bald kommen wir an eine unbefestigte Strasse. Eine überdimensionale gedeckte Holzbrücke mit Strasse überquert die Sihl.

Es ist die sogenannte Babenwaag- Brücke.

Ursprünglich 1849 etwa zwei Kilometer flussabwärts errichtet- in Sihlbrugg, gleich nach dem Kreisel über die Sihl wurde sie 1960 durch eine Betonbrücke ersetzt, demontiert, hierhin versetzt und wieder aufgebaut. Ein wunderschönes Zeitdokument- Von der Grösse und Stattlichkeit vergleichbar mit der Reussbrücke in Sins.

Einfach überdimensional, hier als Zufahrt für einen Bauernhof. Dass über diese Brücke mal der Verkehr Richtung Gotthard lief, flösst Respekt ein vor dem wunderschön erhaltenen Bauwerk im No-where!

Halbzeit! Im Wald rasten wir, denn wir genehmigen uns ein mitgeschlepptes Bierchen. Eine tolle Idee!

Weiter gehts, über ein offenes Mätteli, zwischen vielen kleinen Hügeln. Tief unten im Tal geniessen wir die Sonne. Wieder im Wald dann hat es einige Feuerstellen und einige davon sind auch -man bedenke, es ist Ende Oktober- von Familien oder Leuten belegt. Wir wandern weiter der Sihl entlang, plötzlich tut sich ein zirka 150 Meter langer gerader Tunnel auf. Grad genügend hoch, um den Kopf nicht zu stossen. Zu klein aber für Auto, Traktor oder Ähnlichem.

Öh??

Wir kommen zum Sihlsprung, hier sind die Nagelfluhfelsen links und rechts sehr nahe, und es scheint auch immer wieder Murgänge zu haben, der Abbruch hier zeugt von neuerem Datums.

Hier muss die Sihl tief durch den harten Stein, und das sonst ruhige, fliessende Wasser wird zum ungetümen wild tosenden Gebirgsbach. Hier gibt’s auch eine einfache Fussgängerbrücke auf die andere Seite. Wir bleiben aber auf unserer Seite. Denn hier sind weitere Tunnels, und eine schöne Galerie lässt uns staunen.

Wieso denn das?

Und das hier im Juhee?

Wie ich später zuhause nachlese, geht es hier bei diesen Kunstbauten um die Wasserversorgung der Stadt Zürich, es hat sehr viele Quellfassungen hier, und die müssen auch zugänglich sein, drum die Tunnels und Galerien.

Wir passieren den letzten Tunnel (mit Jahreszahl 1889!) und vor uns tut sich paradiesisch ein Plätzchen Eden auf:

Das Sihlmätteli.

Eingebettet zwischen den Hügeln von Menzingen (Kanton Zug) und Schönenberg (Kanton Zürich) liegt das Mätteli idyllisch tief unten im Tal und in der Ferne rauscht die Sihl. Ein herziges Haus mit Scheune steht da. Vorgelagert mehrere Betonwasserbecken mit Forellen.

Das Restaurant Sihlmatt.

Ein einfaches Bauernheimetli, liebevoll umgebaut als Restaurant mit eigener Forellenzucht, für die sie überregional bekannt sind. Wir sehen einige Tische draussen auf der Wiese, hier verteilen sich die Gäste recht grosszügig, und je nach Sonnenstand werden die Tischgarnituren versetzt, mit der Zeit verstreuen sich so die Tische fast über die gesamte Matte, gefällt mir.

Wir ziehen unsere Masken an, denn wir betreten ein geschlossenes Gebäude mit fremden Leuten. Drinnen werden wir an zwei Tischen verteilt, Laut Verordnung dürfen höchstens vier Leute an einem Tisch sitzen-Wir sind zu fünft, und mit Hund. Dadurch ist es nicht so eng, und wir bekommen Luft zum Atmen. Müssen zwar unsere Kontaktdaten angeben, aber da dran werden wir uns auch noch gewöhnen müssen.

Die Metzgete war extrem megafein, man merkt, dass viel Liebe dabei ist und gut gewürzte Würste zubereitet werden. Die Auswahl würkli zahlreich und konnte nach Gusto individuell zusammengestellt werden.

Ein echter Genuss.

Zum Dessert gabs dann Vermicelles, und wer meinen Mann kennt und weiss, dass er die «Würmli-Vermicelles» hasst, kann sich freuen über die Kreativität des Koches, doch noch eine Portion Vermicelles als …… hervorzuzaubern.

Mmmm!

Mit vollem Bauch gehts dann in zügigem Tempo auf den Rückweg.

Herrlich und würkli wunderschön ist es hier in der Natur, wie in einer anderen Welt.

Wir finden sogar Zeit und Spieltrieb an der Babenwaag den versteckten Cache zu heben. War das ein Spass!

Der Rest des Weges zum Auto war wieder geprägt von der Schönheit der Natur, der Fluss, die Bäume, guten Gesprächen.

Insgesamt waren es zirka 16km meist ebener Weg, das heisst etwa drei Stunden Wanderzeit. Und Unzählige fast surreale faszinierend wunderschöne Momente.

Viele Höhepunkte, viel zum Bestaunen, zum Geniessen, zum Begucken…

Ein ganz kleiner Wermutstropfen gabs trotzdem: Durch das zügige Tempo beim retour wandern, schmerzt nun mein rechtes Knie höllisch, ist sich halt äben nicht gewohnt.

Aber es war megawunderschön!!

Das Schöne überwiegt, die Schmerzen klingen ab.

Kategorien: Angeguckt

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